SCIENCE FICTION

Zickenkrieg im All

»Himmelssturz« handelt von 18000 Jahren Streit zwischen zwei Frauen

Nach eher exotischen Exkursionen (Chasm City) scheint Alastair Reynolds mit Himmelssturz den ganzen Arthur C. Clarke nachschreiben zu wollen. In naher Zukunft macht sich ein Jupiter-Mond selbständig, verlässt erst die Umlaufbahn und dann das Sonnensystem. Ein Raumschiff, sonst auf Metallabbau auf Kometen spezialisiert, ist nahe genug dran, um dem fliehenden Mond Janus folgen zu können.
Wie das so ist: Der Sprit reicht nicht für die Rückfahrt, die Raumfahrer müssen sich auf dem Mond eine neue Heimat bauen, während der unaufhaltsam auf einen Stern im Sternbild der Jungfrau zusaust.
Das ist alles enervierend unoriginell und alles schon mal geschrieben worden. Neu ist allenfalls, dass die gut 150 starke Schiffstruppe von zwei Frauen angeführt wird, der Kapitänin Bella und ihrer Ingenieurin Svetlana. Die beiden sind beste Freundinnen und werden doch in eine ewige Abfolge von Intrigen, Missverständnissen und faulen Tricks gestürzt, sodass Himmelssturz mehr soap als space opera ist.
Trotzdem: Reynolds kann schreiben, und auch das eigentlich abgelutschte Thema wird von ihm souverän, witzig und unterhaltend gestaltet. Nach angemessenen 400 Seiten tauchen diverse Aliens auf ("Perückenköpfe" und "Moschushunde"), und nach 600 Seiten explodiert plötzlich eine ganze Wundertüte schräger Einfälle. Wir wissen dann bereits, dass die Janus-Mannschaft seit 18000 Jahren unterwegs ist und warum der erste moderne Raumanzug Thailändisch spricht.
Aber jetzt drohen die Moschushunde ein Loch in die Röhrenkonstruktion der Spicaner zu sprengen, während die gerade entwichenen Ungebärdigen vor den Toren lauern, ausgestattet mit dem Schlüssel der Flüsterer, und nur die Perückenköpfe können sie stoppen... auf den letzten 150 Seiten verliert Himmelssturz alles Behäbige und verwandelt sich in ein erfrischend krawalliges Piratengarn, mit kitschigem Ende natürlich. Und einem Sack voll Optionen für Fortsetzungen.
Alex Coutts
Alastair Reynolds: Himmelssturz. Deutsche Übersetzung von Bernhard Kempen. Heyne, München 2007, 782 S., 15,00