Meeresnovelle

Existenz in Trümmern

Peter Henning beschreibt einen Fluchtversuch

Max Wahlberg sind in den letzten Monaten einige unangenehme Dinge passiert: seine Freundin hat ihn verlassen, dann hat er große Teile seiner Examensarbeit kopiert, was aufgefallen ist und nun seine Fakultät dazu veranlasst, ihn zu einer Anhörung vorzuladen. Seine Karriere ist beendet.

Was könnte er also besseres machen, als sich in sein Auto zu setzen und nach Zandvoort zu fahren, um erst einmal alles hinter sich zu lassen? Die Freundin, die Karriere und dann auch noch seine Mutter, die seit Jahren darauf wartet, dass was aus ihm wird. Max geht es nicht gut.

Doch dann beginnt eine Zeit, in der ihm alles außer Kontrolle gerät. Er lernt eine mysteriöse Frau am Strand kennen, die sich nach einem Unfall um ihren Bruder kümmert. Es entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die dem soeben Verlassenen so gut tut, wie die Möglichkeit, den Brief der Fakultät zu zerreißen, ins Meer zu schmeißen und wenigstens symbolisch die Kraft zu zeigen, die ihm fehlt, um den tatsächlichen Termin wahrzunehmen. Zudem schafft er es, Jens, einen alten Freund, davon zu überzeugen, ihn am Wochenende in Zandvoort zu besuchen, weil sie genau hier viele schöne Tage verbracht haben - früher. Es entwickelt sich ein düsteres Miteinander dieser drei Charaktere. Hinzu kommt das Meer, das mal zum Surfen einlädt, dann wieder gefährlich und dunkel im Hintergrund für die passende Untermalung der Gemütslage von Max sorgt.

In Der schöne Schatten zeigt Peter Henning einen Mann, der flüchtet, um wieder klar denken zu können, um Abstand zu gewinnen, doch je länger er in seinem Exil verharrt, desto merkwürdigere Situationen muss er erleben. Am Strand wird er von streunenden Hunden angegriffen, die Frau, die er kennenlernt, bittet ihn darum, nichts über sie herausfinden zu wollen, Max Wahlberg befindet sich mittendrin in einer Welt, die er nicht mehr versteht. Hinzu kommen Meldungen über Erdbeben, Flugzeugabstürze, Krebserkrankungen, er ist umzingelt von negativen Ereignissen, die die Stimmung beeinflussen und er kann nichts dagegen tun. Peter Henning schafft es, diese Lage in einer Sprache zu beschreiben, die ebenso mysteriös und gespenstisch wie auch klar ist. Mit wenigen Momenten umschreibt er das Leben eines Mannes, ohne am Ende eine Auflösung der Ereignisse vorzugeben.

Sacha Brohm
Peter Henning: Der schöne Schatten. Transit Buchverlag, Berlin 2012, 98 S., 14,80