HARLEY & CO.

Alte Reiter

Der oberste Hells-Angel schreibt einen Roman

Genauer: Ralph "Sonny" Barger verbraucht in Dead in 5 Heartbeats zwei Co-Autoren und einen Übersetzer für Sätze wie diesen: "Patch lag auf der klumpigen Matraze, den Kopf voll Sorgen, die er an den Haaren herbeizog". Himmel. Wenn es schon grausam ist, dann ist es doch wenigstens ziemlich echt geblieben. Was der berühmteste Hells Angel so an Flausen, Frauen und Gewalttaten seinem Helden andichtet, ist nicht sehr ausgedacht. Barger hat alles selbst sehr ähnlich hinter sich, Bandenkriege, Knastjahre, zigtausend Meilen auf dem Bock.
Die Angels waren der brutalste MC Amerikas, bis Kalifornien die Helmpflicht einführte, das Rauchverbot in Raststätten und die Vorschrift, Waffen offen zu tragen. Da setzt sich Patch in Arizona zur Ruhe, wird aber reaktiviert, weil irgendwer zuhaus einen neuen Rocker-Krieg anzettelt. Die alten Kumpels auf den Mean Machines kriegen ihre gemütlichen Pot-Deals nicht mehr geregelt, die jungen Raser auf Designer-Ducatis versorgen Fitness-Studios, die Frauen sorgen sich zuhause um das College-Geld der Kinder oder ziehen sich hinterm Bike-Stall mal einen Lederkerl zwischen die Beine - auf einer im Leerlauf blubbernden Road King. Brrr. Spät-Western-Atmosphäre Ende der 90er.
Und es gibt keine Guten. Das zumindest ehrt Barger; sein Patch bereut fast nichts. Frauen schlägt man nicht, mit Bullen redet man nicht, und es gibt nun mal Typen, die abgestochen gehören. Ein Mann muss einfach wissen, wo das Messer hingehört, damit der Tod in 5 Herzschlägen eintritt. Alles, was dich auf der Strasse hält, ist erlaubt.
Das macht kein gutes Buch, das erklärt fast gar nichts über die Gegegenkultur der Rocker, aber weil sich heute wohl keiner mehr traut, daraus einen Film zu machen (Typ "Easy Rider jagt The Wild One"), lesen wir's eben, ein bisschen kopfschüttelnd, ein bisschen schenkelzitternd. Im Zug.
WING
Ralph "Sonny" Barger mit Keith und Kent Zimmerman: Dead in 5 Heartbeats Europa, Hamburg 2003, 319 S., 19.90 ISBN: 3203755386