SCIENCE FACTION Fly Boys Drolliges aus der Geschichte der Genetik Es begann alles mit Mendels Erbsen und Thomas Hunt Morgans Fruchtfliegen. Mendel entdeckte die Gesetze der Vererbung, Morgan wies nach, wie Mutationen funktionieren. Dass beide, Mendel und Morgan, schräge Vögel waren, breitet der Journalist Sam Kean in seinem überaus witzigen Buch Doppelhelix hält besser genüsslich aus. Mendels Kreuzungsergebnisse waren dermaßen überkorrekt, dass man heute glaubt, er habe seine (durchaus richtigen) Ergebnisse ein bisschen geschönt. Nachweisen lässt sich das nicht mehr, denn die Unterlagen des temperamentvollen Mönches wurden später von seinen Mitbrüdern verbrannt. Morgan wiederum musste erst einmal Techniken entwickeln, um seine tausenden Fruchtfliegen zu separieren, einzeln zu beobachten und von einer Flasche in die nächste zu füllen. Da er ein ziemliches Ferkel war, hatte er die Angewohnheit, herumfliegende Insekten einfach mit dem Daumen zu zerdrücken. Das Labor von Hunt und seinen "fly boys" muss ein unglaublicher Dreckstall gewesen sein. Neben Anekdoten hat Keans Buch eine Menge zu erzählen über die Geschichte der Entdeckungen von DNA, Genen und Epigenetik. Da geht es nicht nur darum, warum das alles funktioniert (schließlich hat der Mensch, so Kean, weniger Gene als manche Weintraube), es geht auch um die Mechanismen der Vererbung und warum Erfahrungen eben doch ein klein bisschen "vererbt" werden. Warum wir ein großes Gehirn haben, weshalb Menschen schwerer zu klonen sind als Schafe (und warum klonen, nebenbei, ziemlich albern ist), was Homosexualität mit Genen zu tun hat, was springende Gene sind - Keans Buch ist ein Kompendium leicht verständlich formulierter Fakten und Schlüsse. Seltsamerweise hält er sich aus der aktuellen Diskussion um genetisch veränderte Nahrung völlig heraus. Dafür widmet sich The Violinstīs Thumb (O-Titel) ausführlich den großen Fingern des Geigers Paganini, dessen Talent wohl auch etwas mit einer genetisch bedingten Krankheit zu tun hatte. Dass Paganini weniger an seiner Grunderkrankung früh starb als an den rabiaten Behandlungsmethoden seiner Ärzte, ist dabei nur eine sich in der Geschichte oft wiederholende Anekdote am Rande. Erich Sauer
Sam Kean: Doppelhelix hält besser. Erstaunliches aus der Welt der Genetik. Aus dem Englischen von Jens Hagestedt und Friedrich Pflüger. Hoffmann & Campe, Hamburg 2013, 448 S., 24,99
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