LIEBE
Kurzer Abschied Niemand schreibt so traurig über Liebe wie Yael Hedaya Zwei Frauen - ein Mann. Die eine, Gattin, Mutter, fühlt sich ungeliebt und frustriert, weil ihr Kerl seiner großen Liebe nachtrauert, einer 15jährigen, mit der er ein Jahr zusammengelebt hatte, bevor die ihn verließ. Die Andere ist diese 15jährige, deren Schatten über der Beziehung schwebt. Von Anfang an spricht Die Sache mit dem Glück mit zwei Stimmen: Die Frau erzählt, wie sie im Krankenhaus die Diagnose für ihren verwirrten Mann erhält. Ein Tumor im Kopf wird seinem Leben ein Ende machen. Die 15jährige erinnert sich an die erste Begegnung mit dem damals 30jährigen, den sie halb aus Langeweile, halb aus Neugier verführte. "Ich dachteö, schreibt sie später, "dass ich damit meiner Kindheit entkommen würde. In Wahrheit begann damit eine zweite, eigentlich noch schlimmere Kindheit." Wer gar nichts zu sagen hat in dieser bösen Novelle, ist der Mann. Der ist nichts weiter als die Folie für das Leben der beiden Frauen. So blass und unscheinbar steht er da, dass sein größtes Glück gewesen sein dürfte, von zwei solchen Frauen geliebt worden zu sein. Oder eben nicht. Je länger das Buch dauert, desto sicherer sind beide Protagonistinnen, dass ihre Beziehung wenig mit Liebe und viel mit eigenen Ängsten und Sehnsüchten zu tun hatten. Man blieb beieinander, weil man einander interessant fand. Und nach einem Jahr weiß man nicht mehr, was das gewesen sein könnte. Die Liebe scheint bei der Sache mit dem Glück eher hinderlich zu sein. Beide Frauen beneiden jeweils die andere. In ungekünstelter, direkter Sprache schreibt Yael Hedaya diese Geschichte vom kurzen Abschied auf. Am Ende wird der Tod etwas Neues ermöglichen. Aber so, wie Yedaya das beschreibt, ist das kein Grund zur Hoffnung. Victor Lachner
Yael Hedaya: Die Sache mit dem Glück. Aus dem Hebräischen von Ruth Melcer. Diogenes, Zürich 2006, 159 S., 16,90 |