MULTI-KULTI Tee im Harem Eine toughe Londonerin wird Drittfrau eines Persers Das schockt alle: Tracy, 21 Jahre alt und bildhübsch, verliebt sich in ihren neuen Arbeitgeber Sam Sahar, Besitzer eines persischen Restaurants. Sam ist um Einiges älter als seine neue Kellnerin, körperlich nicht mehr ganz so fit und hat schon zwei Ehefrauen. Die toughe Vororts-Londonerin aus der unteren Mittelschicht träumte bisher von fernen Wüstenlandschaften. Nachdem sie ihren Job an der Supermarktkasse verliert, zieht sie aufgebrezelt los und findet eine Stelle bei der Patchwork Familie von Sam. Bald schon kommen sich Chef und Angestellte näher und plaudern über Gott und die Welt. Dabei fällt auf, dass der aus Teheran stammende Sam, der vor Jahren zum Studieren nach England kam und dieses scheinbar freie und kultivierte Land lieben lernte, mehr am Reden und Tracy mehr am Zuhören interessiert ist und sie schnell ein besonderes Interesse an der iranischen Kulturwelt und dem Islam entwickelt. Nach der symbolischen Heirat Sams und Tracys bleiben die Folgen nicht aus. Tracys Eltern wehren sich gegen den Eintritt ihrer geliebten Tochter in den Harem des vermeintlichen Lustmolchs. Denn niemand weiß, wie die familiären Verhältnisse tatsächlich aussehen. Genauso wenig angetan sind Sams strenggläubige Eltern und das Jugendamt, das sich plötzlich immer häufiger blicken lässt, um den von außen betrachtet unanständigen Bedingungen im Haus nachzugehen. Anthony McCarten, Multitalent und Erfolgsautor von Superhero und dem (verfilmten) Theaterstück Ladies Night gibt sich viel Mühe, die Figuren in dieser ungewöhnlichen Konstellation mit Leben zu erfüllen, was nicht immer gelingt. Als leicht lesbarer Gesellschaftsroman mit Humor ist das aber gut lesbar. Sarah Kuschnerow
Anthony McCarten: Englischer Harem. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Diogenes, Zürich 2008, 592 S., 21,90
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