FRAUEN Eine ganz Nette Martina Brandl setzt mit »Glatte runde Dinger« die Reihe ihrer witzigen Frauenromane fort Sabine Rosenbrot besteht eigentlich nur aus Neurosen und Phobien. Sie trinkt ihren Kaffee nicht aus, weil sie Angst hat, am Grunde der Tasse würde eine Kakerlake sitzen. Wenn sie Rollkragenpullover trägt, fürchtet sie, ersticken zu können. Dann sind da noch die gängigen Ängste wie Flugangst, Angst mit dem Schiff oder auf der Autobahn zu fahren. Pure Beruhigung und Entspannung sind für Sabine glatte runde Dinger. Am besten hilft, ein gekochtes Ei in den Mund zu stecken und zu warten bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist, zuzubeißen. Aus lauter Phobie vor ihren Phobien ist Sabine ihr Leben lang auf Nummer sicher gegangen, bis sie im ICE von Kassel nach Berlin sitzt und wegen Schaffnerbeleidigung den Zug verlassen muss. Sie beschließt, nicht mehr auf ihre Ängste zu hören und ein Abenteuer zu erleben. Nun ja: Ehe sie sich versieht, wird sie in der Klatschpresse erwähnt, enthaart anderen Frauen den Genitalbereich und hat eine Affäre mit einem Mann, der irgendwie auch eine Frau ist. Mit Glatte runde Dinger hat Martina Brandl einen witzigen, bizarren und geistreichen Roman geschrieben. Es macht Spaß, den Weg dieser wandelnden Phobie zu begleiten. Weil Sabine Rosenbrot ein Charakter mir Ecken und Kanten ist, der keineswegs immer einen nachvollziehbaren Weg einschlägt, wirkt sie auf eine schrullige Art und Weise sympathisch und befremdlich. Brandl hat ihr Charaktereigenschaften gegeben, die man nicht anders als "typisch Frau" bezeichnen kann. Etwa wenn Sabine mal wieder in Gedanken über ihre Übergangsmitbewohnerin herzieht und immer wieder anfügt: "Aber eigentlich ist sie eine ganz Liebe." Häufig muss Sabine erkennen, dass sie mit dem, was sie tut, nicht das Ergebnis erzielt, das sie sich ausgemalt hat. Beispielsweise möchte sie, hoch erotisch, nur in ein Handtuch gewickelt, in einen Pool springen, um die Aufmerksamkeit eines sexy Gärtners auf sich zu ziehen. Aber der Pool ist zu flach, sie schluckt Wasser, bekommt einen Hustenanfall und muss sich, das Handtuch fast verlierend, mit ihrem dicken Hintern aus dem Becken wuchten. Wie das halt so ist im wirklichen Leben. Janne Hiller
Martina Brandl: Dicke runde Dinger. Scherz, München 2008, 208 S., 13,90
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