Reportagen

50 Jahre Krieg

Martha Gellhorns Berichte von der Front

Sie hat in den 30ern über den Spanischen Bürgerkrieg und die Belagerung Madrids geschrieben, (natürlich auf Seiten der Republik). Sie hat den Überfall Russlands auf Finnland beschrieben (auf Seiten der Finnen natürlich) und hat die Befreiung des KZ Dachau gesehen; zu den Leichen der deutschen Bewacher, die erschossen wurden, schreibt sie: Selten hat man sich so über tote Menschen gefreut. Sie war Zeugin der sofort einsetzenden deutschen Verdrängung (im Dorf nebenan, das waren Nazis, und in der großen Stadt, aber wir hier? - wir sind alle jüdische Kommunisten!) und des Krieges in Java. Sie hat Vietnam gesehen und den Sechs-Tage-Krieg; der Hass auf Israel, schreibt sie, ist das einzige, was die zerstrittenen arabischen Länder eint. Sie macht sich keine Illusionen über die Menschheit. Das Gesicht des Krieges ist bereits in mehreren Auflagen und Ausgaben erschienen und enthält Kriegsreportagen der US-Journalistin und Aktivistin Martha Gellhorn, die auch mal Chefredakteurin des Time-Magazins war. Den verschiedenen Ausgaben stehen jetzt mehrere Vorworte zur Seite, die verbindenden Texte Gellhorns zwischen den Reportagen sind in den 80ern entstanden. Eine kommentierende Einordnung und ein Quellenapparat fehlen (es gibt keine genauen Angaben der Erstveröffentlichung), auch die Übersetzung ist nicht immer glücklich; ein Wort wie "Schrecklichkeit" gibt es im Deutschen nicht.

Trotzdem sind diese Texte mit großem Gewinn zu lesen. Sie beschreiben das, was "am Boden" passiert, wenn die da Oben Krieg spielen. Wenn Grenzen verschoben werden, schreibt Gellhorn in ihrem sachlichen, sehr präzisen Stil, müssen irgendwo ein Familienvater mit ein paar Kühen und wenig Land und ein kleiner Ladenbesitzer das ausbaden. Wenn irgendwo Krieg herrscht, wie gerecht oder ungerecht er sein mag, sollte man das nicht vergessen.

Bis zum Schluss hat Martha Gellhorn, die in den 40er Jahren kurz mit Ernest Hemingway verheiratet war, sich engagiert.

Der abschließende Text im Buch handelt von den Lügen Ronald Reagans über Nicaragua und El Salvador (beide Länder hat sie besucht) und wie die Amerikaner dort einen ihrer vielen schmutzigen, verlogenen Kriege führen.

Und sie schreibt über diesen neuen Mann aus Russland, Gorbatschow, und wie vernünftig er klingt und dass jetzt vielleicht alles besser werden würde.

Thomas Friedrich
Martha Gellhorn: Das Gesicht des Krieges. Reportagen 1937 - 1987. Deutsch von Hans-Ulrich Möhring. Dorlemann Verlag, Zürich 2012, 572 S., 24,90