MORAL Argumente und Affen Frans de Waal lehrt Philosophie mit Primaten Natürlich lehrt Frans de Waal eigentlich Primatenkunde in Amerika und ist weltweit der wohl populärste Affenwissenschaftler. Für sein neues Buch Primaten und Philosophen aber verwendet er eine Vorlesungsreihe über "Menschliche Werte", die einem fachlich gemischten Publikum erklärte, dass nicht nur der Mensch, sondern auch der Affe (wenn nicht gar noch menschenfernere Tiere) von Natur aus gut sein müssen. Oder doch wenigstens ansatzweise über Moral verfügen. Vier Philosophen und Evolutionspsychologen antworten dann auf seine Argumente, de Waal kommentiert abschließend die Diskussion, und wir kriegen so ein Philosophielehrbuch mit zum Teil sehr fitzeligen Denkbewegungen und voller offener Fragen. In seinen früheren Büchern, zuletzt in Der Affe in uns, führte de Waal seine Forschungsergebnisse vor, Fälle von Hilfsbereitschaft und Gerechtigkeitssinn unter Affen, ja sogar über Artgrenzen hinweg. Wenn ein Affe einen Vogel, der sich im Unterholz verfangen hat, befreit, dann ist das nicht nur süß. Es bringt auch die strikte wirtschaftliche Evolutionstheorie der 80er in Schwierigkeiten. Mit Energiebilanz oder Genvorteil läßt sich das vielfältige "moralanaloge" Verhalten in der Welt eben nicht restlos erklären. Eine nur menschliche Moral, meint de Waal, wäre gar keine. Umgekehrt findet er eine esoterische Global-Moral, in der auch Amöben Rechte haben, ebenso unhaltbar. Sowohl wissenschaftlich als auch philosophisch. Muss man Affen Rente zahlen, wenn sie nicht mehr für medizinische Versuche taugen? Ist Mitgefühl allein schon eine Basis für eine Werte-Lehre? Werden Affen erst moralisch, wenn sie eigene Nachteile zum Nutzen anderer akzeptieren? Da ist noch viel zu diskutieren. Wing
Frans de Waal: Primaten und Philosophen. Wie die Evolution die Moral hervorbrachte. Mit Beiträgen von Robert Wright, Christine M. Korsgaard u.a.. Hrsgg. und eingeleitet von Stephen Macedo und Josiah Ober. Aus dem Amerikanischen von Hartmut Schickert, Birgit Brandau und Klaus Fritz. Carl Hanser, München 2008, 220 S., 19,90
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