ELTERN

Die schöne Mörderin

Ein Vater intrigiert gegen die Freundin seines Sohnes

Für Pete Dizinoff gibt es nur richtig oder falsch. Richtig ist sein Leben: Er ist ein erfolgreicher Arzt, lebt mit Frau Elaine und Sohn Alec im geräumigen Eigenheim am Rande New Jerseys, kurz vor der Stadt New York. Er musste alles hart erarbeiten. Alec soll es einfacher haben, aber es auch richtig machen, das College beenden, einen guten Job finden, eine nette Frau heiraten und ihm Enkel schenken.

Eines Tages taucht Laura auf. Sie ist die älteste Tochter der besten Freunde des Ehepaars Dizinoff, wurde als Teenager schwanger, bekam ihr Baby heimlich, erschlug es und warf es ins Klo. Laura verbrachte Jahre in verschiedenen Psychiatrien, reiste ziellos durch die Welt und besuchte ihre Eltern wenn sie Geld brauchte.

Ausgerechnet Laura, die wunderschöne 30 Jahre alte Kindsmörderin, wird die neue Freundin des 21-jährigen Alec. Pete ist außer sich und versucht alles, um die beiden auseinander zu bringen. Am Ende verliert er seine besten Freunde, seinen Sohn und fast seine Ehe, nicht aber seine Sicht auf das Leben.

Lauren Grodsteins Roman Die Freundin meines Sohnes ist in leiser, unaufgeregter Sprache geschrieben, seine Wirkung ist aber umso größer. Obwohl es scheint, als wolle Ich-Erzähler Pete nur das Beste für seinen Sohn, empfindet er mehr als fatalistische Vaterliebe für Alec, nämlich Eifersucht. Die wird besonders stark spürbar als Laura auftaucht. Sie ähnelt ihrer Mutter als sie jung war, und die ist seit jeher Petes heimliche Liebe. Petes Verhalten zwischen Liebe und Eifersucht, seine vollkommene Ignoranz und Selbstherrlichkeit geben dem bürgerlichen Familiendrama mehr Tiefe als gewöhnliche Eltern-Kind-Geschichten, in denen es oft nur um die festgelegten Ansprüche der Eltern geht.

Es gibt keinen Sympathieträger, auf dessen Seite der Leser sich schlagen könnte. Am Schluss ereilt den Vater nicht die Einsicht und es gibt keine rührseligen Entschuldigungsszenen. Menschen können sich ändern, aber nur selten, und so bleibt auch Pete Dizinoff ein selbstherrliches Arschloch und gibt dem scharfsinnigen Roman damit noch mehr Realitätsnähe.

Janne Hiller
Lauren Grodstein: Die Freundin meines Sohnes. Aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz. Klett-Cotta, Stuttgart 2011, 349 S., 21,95