HIRN

Logik des Herzens

Giovanni Frazzetto erklärt, wie wir fühlen und denken

Der Autor wurde in Italien geboren, studierte in London, promovierte in Heidelberg, spricht fließend Deutsch und schrieb sein Buch auf Englisch: How we feel. What Neuroscience can and can't tell us about our emotions. Leider machte sein deutscher Verlag daraus ein reißerisches Der Gefühlscode. Die Entschlüsselung unserer Emotionen. Nichts liegt Frazzetto ferner, würde er sonst so ausführlich und verständlich erklären, wie die bildgebenden Verfahren funktionieren, mit denen Neurowissenschaftler uns beim Fühlen scannen? Und anschließend lieber ins Museum gehen, weil ihm etwa Caravaggio mehr über das Schuldgefühl erzählt als ein Lichtpunkt im fMRT Scan?

Frazzetto ist ganz begeistert von der Möglichkeit, Gefühlsausdrücke im Gehirn zu finden, und er ist fest überzeugt davon, dass das sogenannte rationale Denken gar nicht ohne das emotionale zu haben ist. Schon weil zum Beispiel Hirnverletzungen beide gleichermaßen verändern. Frazzetto weiß, dass ein Gendefekt durchaus die Gewaltneigung eines Menschen erhöhen kann, aber er weiß auch, dass kein Labor je "messen" können wird, wie mörderisch einer ist. Und er kann es beweisen. In sieben Kapiteln widmet er sich den Grundemotionen Wut, Schuld, Angst, Trauer, Empathie, Freude und Liebe, und er bespricht sie immer mit Beispielen aus seinem persönlichen Alltag, mit Exkursen in Kunst und Philosophie, und mit ausführlichen Verweisen auf Forschungsergebnisse und die Methoden, die zu ihnen führten.

Dabei schreibt er klar, verständlich und eher vorsichtig. Frazzetto verkündet gerade nicht die einzig wahre Lesart für das Gefühlsleben. Gerade deshalb ist sein Buch gute Medizin gegen viele andere populärwissenschaftliche Bücher mit "Gefühl" und "Code" im Titel.

Wing

Giovanni Frazzetto: Der Gefühlscode. Die Entschlüsselung unserer Emotionen. Übersetzt von Klaus Binder und Bernd Leineweber. Hanser, München 2014, 384 S., 21,90