AIRPORT

Wasser, Luft und Liebe

Die »Flughafenfische« kommen nirgendwohin

Kein Ort, überall. Das könnte über dem schmalen zweiten Roman von Angelika Overath stehen. Sie erfindet darin eine extrem künstliche Utopie, einen Nicht-Ort, einen Transit-Flughafen, in dessen Lobby ein riesiges Aquarium allen Durchreisenden und Fragmentierten eine komplette Welt vorspielt.

Draussen schwimmen die Flugzeuge in die Fernen, drinnen schwimmen die Fische im Kreis. In so einem Setting werden Einzelschicksale leicht zum Sinnbild. Dreien davon geht Angelika Overath nach.

Der Pfleger des Aquariums sammelt Müdigkeiten. Er hat schon alles gesehen, was in seinem Becken so schwimmt. Er hat schon alles erklärt, was Touristen über Rochen und Seepferdchen wissen wollen können. Er sieht sich als Meister über den Wassern und als Jäger erschöpfter Passagiere, die keine Fragen mehr stellen.

Die international berühmte Fotografin strandet am Ufer des Aquariums, wegen des Jetlags und weil sie eine missratene Affäre mit einem Piloten hat. Eine schiefe Beziehung zum Fischmeister entwickelt sich, in der jeder seine Defizite am Beispiel der Aquaristik erklärt und beide die Scheibe zwischen sich nicht überwinden. Bis sie endlich einschläft.

Der wichtige Wissenschaftler vegetiert im Raucherbereich des Romans vor sich hin. Seine Frau hat ihn mitten im perfekten Leben verlassen. Er raucht, zum ersten Mal seit Jahren, er säuft, und er führt sich auf als Gegenmodell zu den anderen, rettbaren Versagern, weil er völlig in sich gefangen keinen Kontakt zum Aquarium kriegt.

Angelika Overath erzählt ihre kleine Geschichte perspektivisch aus drei Blickwinkeln und tappst dabei zuweilen in die Sinnspruchfalle: Alt ist man, wenn man merkt, dass man sich einmal jung gefühlt hat. Ach.

wing
Angelika Overath: Flughafenfische. Luchterhand, München 2009, 173 S., 17,95