KRIEG & FRIEDEN
Was ist Irak? Die Gegenwarts-Satire »My favorite war« Thurgood Brinkmann ist schwarz, 29 Jahre alt und dämmert als Reporter für "Modernes Leben" bei der Zeitschrift "National Now!" vor sich hin: "Vergleiche Artikel 2766 der journalistisch-bürokratischen Grundordnung: Eine Nachricht ist alles, was einem Redakteur passiert oder sich im unmittelbaren Umfeld eines Redakteurs ereignet. Wenn der fünfjährigen Rotzgöre eines Redakteurs ein Milchzahn ausfällt, erhöht sich sprunghaft die Wahrscheinlichkeit, daß du, der Reporter, mit der Abfassung einer kleinen Schwachsinnsstory des Kalibers ,Die Zahnfee - Legende, Tatsache oder eine Frage des Lifestyles?' betraut wirst." Bei soviel Zeit, so wenig Karriere und viel Neid auf die College-Kumpels, die alle Karriere gemacht haben (einer hat gerade erfolgreich "Warten auf Godot" als Musical inszeniert, wo am Ende ein Betrunkener auf die Bühne torkelt, sagt, er sei Godot und dann was von einem Verkehrsstau erzählt...), bleibt viel Zeit zum Nachdenken. Und die Hälfte, die gute Hälfte, von Christopher Farleys Debut-Roman besteht aus pointierten Überlegungen über Gott und die Welt und wie beide in Amerika aufeinandertrafen. Da sind viele kleine Geschichten, Bosheiten, Beobachtungen über alles und jeden (Vegetarismus - dürfen wir Wesen töten und verspeisen, nur weil wir ein bißchen klüger sind? Und hätte Dan Quayle dann nicht längst auf dem Rost landen müssen?). Thurgood kennt eine 17jährige Schwarze, die in einem albernen Hühnchenkostüm in einem Fried Chicken-Restaurant ihr Geld verdient. Und nebenbei an einem College-Abschluß arbeitet. Er wird ihr Englisch-Nachhilfe-Lehrer. Und erkennt, daß ihre Geschichten besser sind als alles, was er in seiner Zeitung abliefert. Als sich daraus eine Liebesgeschichte entwickelt, flieht Thrugood in den Irak - da stehene die Amis kurz davor, Sadam aufs Haupt zu schlagen. War ihm Anfangs der Golf-Konflikt nur eine zynische Randbemerkung wert - "Wer oder was zum Teufel war Irak? War das nicht die Vergangenheitsform von Iran?" - soll der Wüstenkrieg jetzt das Privatleben richten. Genau ab da kann man aufhören, den Roman zu lesen. Weil er verzweifelt versucht, ein gutes Ende zu finden, mehrmals. Aber bis dahin ist das einer der lesenswertesten Gegenwartsromane des Jahres. Auch wenn diese Gegenwart schon wieder sieben Jahre her ist. Alex Coutts
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Christopher John Farley: An allen Fronten Aus dem Amerikanischen von Edith Winner. Fischer TB Nr. 13601, Frankfurt 1997, 299 S., 22,- DM |