FUSSBALL 11.000 Freunde Eine Aufsatzsammlung über Geschichte und Zukunft der Fußballfans Wer nicht wenigstens einmal in einem Stadion war, oder sich nicht zumindest für einen Schal in Vereinsfarben vor seinen Freunden schämen musste, wird mit dem Buch nicht viel anfangen können. Wer jedes Wochenende der Heimmannschaft nachreist und die Engländer hasst, weil sie die Stehplätze in den Stadien abschafften, wird es nicht mal lesen können. Soweit das Vorurteil. Die 26 Autoren des Bandes Fußball. Deine Fans. Ein Jahrhundert deutsche Fankultur geben sich größte Mühe, es zu zerstreuen. Farbentragende Fans sind nicht alles tumbe Ultra-Hallodris, sondern zeitabhängige Erscheinungsformen einer Kultur der Sammlung und Abgrenzung in einer zunehmend komplexeren Welt. Manche kommen sich heute gar als Verfechter urdemokratischer Tugenden gegen die wirtschaftlich operierenden Vereinsmanager vor. Erfreulich unwissenschaftlich "erzählen" die Aufsätze meist ihre Themen, zwar grob nach Sachgebieten sortiert, aber weit von jeder Vollständigkeit entfernt. Eine zitierbare Geschichte der Kutten, der Gesänge, der Choreografien, der Gewalt, oder der "befriedenden" Fan-Projekte kommt dabei nicht heraus. Aber jede Menge persönlich gefärbtes Material. Ein Journalist plaudert aus, wie einmal der stern einen Übergriff der rechten Borrussenfront (sagen wir mal:) "lancierte", ein Lokalpatriot freut sich, wie die Göttinger Fans ihrem Verein durch die Niederungen der Bezirksklasse halfen, und ein Russe ist ganz begeistert davon, dass deutsche Fans keine Stahlhelme tragen und etwas gnädiger mit Schiedsrichtern umgehen. Bei ihm zu Hause sind alle Missliebigen schwul und man droht ihnen an, sie zu Seife zu machen. Offensichtlich erfasst dieses Buch nur Teile des Fans-Wesens. Aber sicher wesentliche. Wing
Martin Thein (Hrsg.): Fußball. Deine Fans. Ein Jahrhundert deutsche Fankultur. Die Werkstatt, Göttingen 2013, 257 S., 14,90
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