GESCHICHTS-KRIMI
Das Romulaner-Komplott

Der hoffentlich nicht letzte Fall des Marcus Didius Falco

Eigentlich wollten wir ja mal eine profunde Studie anfertigen über den modernen Hang der Unterhaltungsliteratur ins Antike - aber nach dem dritten Da Vinci Roman in einem Jahr, dem vierten Pseudo-Sherlock Holmes von Nick Meyer und ungefähr zwei Taschenbuchmetern voller germanischer Ewings, mittelalter Freigeist-Nonnen und geheimdienstlicher Samurais ist uns das Gros der "Wie es garantiert nicht gewesen ist"-Literatur einfach zu ununterhaltsam geschrieben.
Da greifen wir lieber zum inzwischen sechsten Buch von Lindsey Davis über den vermutlich dutzendesten modernen Privat-Schnüffler im klassischen Rom - und treffen Marcus Didius Falco beim Letzten Akt in Palmyra.
Aus strikt traditionellen Gründen. Erstens haben wir die Mischung aus Tiberius Grachus, James Bond und Sam Spade schon dreimal hier gelobt (und zweimal in der Bücherflut verpaßt, wie schade) - zweitens liegt gerade noch ein damit völlig unzusammenhängendes Gesellschaftsspiel titels Palmyra für eine Rezension an anderer Stelle auf der Schreibtisch-Halde (ein weiteres Indiz für die Rückwärtsgewandtheit der Post-Tele-Media-Moderne) - und drittens hat Lindsey Davis ihren amüsant-moderaten Fiktions-Bruch-Stil jetzt noch lustiger weiterentwickelt.
Die Story nämlich spielt am Rande einer nach Syrien reisenden Gaukler-Truppe ... und jedes Kapitel präsentiert sich uns als Vaudeville-Nummer, mit flapsig kommentierter Personage und Handlungs-Synopse vorweg. Und der Held schreibt zur Tarnung seiner Ermittlung die vorderasiatische Urfassung des "Hamlet". Mit Wasserorgel-Begleitung. Was ein Flop wird. Zum Prusten.
Außerdem kommt erstmals (nach Silber, Bronze, Kupfer, Eisen, Gold) kein Metall mehr im Titel vor (das nährt den Verdacht, dies könnte wirklich der letzte Falco-Roman sein, noch ein Grund, ihn zu lesen) - und der Übersetzer hat auch gewechselt, was erklären könnte, wieso das Crossover aus anachronistischem Chandlerismo und archäologischer Kompetenz (Lindsey Davis war mal kommunale Denkmalpflegerin in England) jetzt noch frecher kommt.
Über die Handlung kein Wort. Um die geht es eh nicht. Jetzt noch - zum dritten mal - weniger denn je. Sondern bloß ums Vergnügen. Am immer straßenweiseren Helden (laßt euch etwa im Xantener Museumsdorf mal mit der Nase in eine kaisertreue Gosse stupsen), an seiner zu schnippischer Hochform auflaufenden Dauergeliebten (mit des Bürgermeisters Töchterlein kann man inzwischen sogar Elefanten stehlen), und an den für einen zünftigen Schmöker nötigen Herzschlagstockern (dein Schatz hat einen Skorpion auf dem Arm, und du hast noch mehr Bammel als sie, was tun?).
Im übrigen sind wir der Meinung, daß die Falco-Hexalogie jetzt endlich als Taschenbuch nachgedruckt werden sollte. Schon damit wir die verpaßten Bände nachloben können. Nicht als Kunst natürlich, nichtmal als literarisches Brot, aber zum Spielen.
WING
Lindsey Davis: Letzter Akt in Palmyra Aus dem Englischen von Susanne Aeckerle. Eichborn 1996, 555 S., DM 42.-