LEBENS-MITTEL
Eat this! Drei mal täglich vor dem Einkaufen lesen: eine Risikostudie über Fabrik-Fraß Ach, die Welt ist ja so schlecht: Die Fidschis essen lieber Tütensuppen als Mangos, die Amis halten ihre Klobrillen sauberer als die Küchenarbeitsplatte, die Moffen kaufen ihren Nachbarn klärschlammgestopftes Krähzeugs unterm Hintern weg - und die Nahrungszubehör-Industrie baut lieber Vitamin-Brauereien als Hirse an. Hans Ulrich Grimm weiß, was uns den Appetit verdirbt: plötzlicher Kindstot wegen Coli-verseuchter Hamburger, im Zuckerloch colatrinkender Piloten abstürzende Kampfbomber, asthmatische Bäcker, die ins Brötchen husten, weil die Backhilfsmittel enzymatisch hoch belastet sind ... man kann gar nicht soviel kotzen, wie man nie wieder essen möchte. Grimm nennt Namen und Firmen, verpfeift industrienahe Lebensmittelkontrolleure, schimpft auf die Lobbyisten, findet fast alle Kontroll-Gesetze falsch. Und scheint nur zwei Auswege zu sehen: den amerikanischen und den italienischen. Entweder wenig kontrollieren - aber über die Produkthaftung Schadenersatzklagen in Milliardenhöhe zulassen (dann sterben Firmen mit Mäusen in der Safttüte schnell aus) - oder wenig industrialisieren, auf dem Markt kaufen, langsam essen (dann verseucht ein Salmonellen-Stamm nur eine Familie statt ganzer Landstriche). Der mittelalterliche gefiele uns besser: Herr Nestle nudelt öffentlich Frau Oetker mit Fischmehl-Burgern, mit Vitaminzusatz, versteht sich - während die ihm den genmanipulierten Butterfinger dahin steckt, wo die Nebenwirkungen von Xenikal (Hoffmann-LaRoche) 'raus kommen. Davon schmeckt der Dosen-Mozzarella zwar auch nicht besser, aber wenigstens die mediale Mangelernärung wäre erledigt: an fast unbekannten genveränderten Darmbazillen nämlich starben nachweislich mehr Menschen als an BSE. Kein Grund zur Panik, sagt Grimm, aber ein Motiv für umfassendere Berichterstattung - entlang der ganzen Nahrungsmittel-Kette. Daß die im Hühnerfall bis in die Sickergrube des Werksschutzes führt, ahnte der Ex-Spiegel-Journalist Grimm nicht, als er Aus Teufels Topf schrieb. WING
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Hans Ulrich Grimm: Aus Teufels Topf. Die neuen Risiken beim Essen Klett-Cotta, Stuttgart 1999, 302 S., 39,80 DM |