ANDREAS ESCHBACH

Nahe Welten

Ein populärer Erzähler für alle Stände

Seine literarische Laufbahn begann der ehemalige Software-Entwickler Andreas Eschbach als Stipendiat der Arno Schmidt Stiftung, also mit dem Ruf eher randständiger Großschreiberei. Sofort danach wechselte er zu populärer Genre-Kost, wurde dafür nicht nur von uns beklatscht und von der FAZ ins Feuilleton zurück geholt. Mittlerweile ist jeder neue Eschbach eine Überraschung: auf einen düsteren Thriller folgt ein nettes Jugendbuch, auf eine Wirtschafts-Groteske ein sachlicher Reiseführer zur Zukunft ... gerade sind drei Taschenbücher erschienen, die schön beweisen, dass Eschbach nicht nur gut erzählen kann, sondern vor allem zu jedem Sujet die passende Erzählweise findet.
Sein etwa 10 Jahre alter Erstling Die Haarteppichknüpfer spielt in einer fernen Galaxis, die seit Jahrzehntausenden von einem Gottkaiser beherrscht wird. Auf einer winzigen Welt am Rand des Reiches knüpfen fast alle Männer aus den Haaren ihrer Frauen Teppiche für Gottes Palast. Bis eines Tages der kaiserliche Teppichhändler ausbleibt. Dann zerfasert der Roman planmässig zu einem Bündel von Kurzgeschichten, erstreckt sich über mehrere Generationen und Dutzende von Personen, bis am Ende Gott seine eigene Ermordung organisiert und die Perückenmacherei als grausame Kultur-Metapher erscheint. Dieses deutsche "Dune" kriegte später mit Quest noch eine Fortsetzung aus der Galaxis nebenan - und nun endlich eine Neuauflage.
Eher Robert Heinlein als Frank Herbert eifert Andreas Eschbach in Das Mars-Projekt nach. Die Kinder der Mars-Kolonisten haben was dagegen, dass blöde Politiker alle Siedler nach Hause holen wollen. In einer Art Seifenkisten-Rennen gegen das drohende Ferien-Ende erobern sie den toten Planeten auf eigene Faust und finden natürlich ein großes Geheimnis, das alles ändert. Dem bodenständigen Ton des Buchs angemessen decken sie aber nur einen Zipfel auf: es könnte Marsianer gegeben haben, lasst uns deshalb versuchen, welche zu werden. Inzwischen wurde übrigens eine Reihe daraus (beim Arena-Verlag), an deren dritten Band Eschbach gerade schreibt.
Der letzte seiner Art schließlich ist das Tagebuch eines alternden Cyborg-Soldaten ausser Dienst, den ein neuer Cyborg-Killer aus dem verdämmernden Betrachten der eigenen Nutzlosigkeit, der schönen Nachbarin und guter Bücher reisst. Wieder beeindruckt die Konstruktion und die Wahl des Tons durchweg, während einzelne Sätze oft wie schlecht übersetzt wirken. Eschbach ist eben eher ein Künstler der Formatierung, nicht der Formulierung.
WING
Andreas Eschbach: Die Haarteppichknüpfer. Bastei, Bergisch Gladbach 2005, 319 S., 7,95 ISBN: 3404243374
Andreas Eschbach: Das Marsprojekt. Bastei, Bergisch Gladbach 2004, 302 S., 6,90 ISBN: 3404243323
Andreas Eschbach: Der letzte seiner Art. Bastei, Bergisch Gladbach 2005, 350 S., 8,95 ISBN: 3404153057 (www.andreaseschbach.de)