AFRIKA

Liebe Neger

Gute Bilder, verlogene Texte

Keine Frage: der Herforder Jürgen Escher kann fotografieren. Seine Gesichtsstudien schwarzer Menschen in dem Band Hautnah - Berührungen mit Menschen im Herzen Afrikas sind anrührend und handwerklich gut. Leider enthält der großformatige Band auch viel Text des Kirchenjournalisten Christian Frevel (der heißt wirklich so). Und der ist von derart liberal-christlicher Verlogenheit, dass man sich nur wundern kann. Klar, die Belgier haben den Kongo irgendwie ausgebeutet - aber es bleibt der Eindruck, dass sie das Land zu früh verließen und die dummen Ureinwohner danach alles vor die Wand fuhren. Schön verlogen formuliert Frevel auch: 1994 "mündete der Bürgerkrieg zwischen Hutu und Tutsi in ein Morden" - ehrlicher wäre: es gab einen Völkermord, begangen von den Hutu, zum Teil mit kirchlicher Hilfe und unter großzügigem Beiseite-Sehen Europas. Überhaupt der Westen: der kommt nur als hilfreicher Tourist oder guter Missionar vor, sobald es um Waffenlieferungen geht, kommen die irgendwie aus dem "Ausland".
Die Portraitierten erzählen vorwiegend von Mord, AIDS, Flucht und Armut. Da muß man sich das Vorwort des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Herford (die das Projekt unterstützte), auf der Zunge zergehen lassen: "Der afrikanische Alltag ist oft gar nicht so unterschiedlich von dem, was Menschen in Ostwestfalen bewegt".
Früher standen vor den Kirchen sogenannte Nickneger, Figuren von Schwarzen, in die man ein Geld einwerfen konnte und die dann automatisch dankbar nickten. Dieses Buch ist ein Nickneger.
Erich Sauer
Jürgen Escher / Christian Frevel: Hautnah - Berührungen mit Menschen im Herzen Afrikas 128 S., 70 Duoton-Fotos, 24x29,5 cm, Stuttgart 2004, 39,-, ISBN: 3895 06243X