LEBEN

Bunte Vögel

Astrid Rosenfeld kommt vom Dorf auf die Kunst

Vier starkfarbige Vögel tummeln sich auf dem Titelbild, der erste Teil heißt "Hunde" und darin lebt ein Esel im Haus der Hauptperson. Da ahnt man schon eine Art Fabel. Zumal auch noch ein Murmeltier auftritt, das aber ein Mensch ist, der irgendwann in der Sommerfrische der Familie hängen geblieben ist, deren Geschichte uns Karl mit kindlichem Ungestüm und tragischen Volten erzählt. So bringt sich etwa seine Mutter gleich auf den ersten Seiten um, offenbar geisteskrank, mit einer rosa Unterhose über dem Kopf und durch einen Sprung vom Balkon. Und dann wird es noch richtig lustig.

Vor allem, weil Elsa in das abgelegene Dorf in der Oberpfalz kommt. Das 12jährige Mädchen, zurückgelassen von einer Mutter, die lieber mit ihrem neuen Freund in die Welt hinaus wollte, mischt die ohnehin schon ziemlich skurrile Idylle ganz schön auf. Karls älterer Bruder ist völlig verschossen in Elsa, der jüngere Karl beobachtet etwas verwirrt das sich anbahnende sexuelle Erwachen. Aber die seltsamen Drei haben auch wundervolle Kindheitserlebnisse auf dem Lande, auch wenn immer mal wieder ein Erwachsener die Hand hebt oder das allgemeine Unglück hinter allem sichtbar wird.

Nach 160 Seiten springt die Geschichte ins Erwachsenenleben. Elsa ist weg und wird eigentlich jetzt erst recht wirksam, weil Karls Bruder Lorenz eine Karriere in der Kunstszene beginnt. Mit immer wieder übereinander gemalten Bildern, in deren unterster Schicht wir natürlich Elsa vermuten. Karl beschränkt sich völlig auf die Rolle des Chronisten, der Lorenz bei seinem Trip durch die Szene voller Hypes und selbstverliebter Schaumschläger begleitet. Auch schön, aber ein bisschen gewaltsam auf Effekt getrimmt übermalt der zweite Teil namens "Wölfe" die tragische Idylle mit blinkender Niedertracht.

Wing

Astrid Rosenfeld: Elsa ungeheuer. Diogenes, Zürich 2013, 277 S., 21,90