GELD & GEWISSEN

Ohne mich

Martina Eder will keine Anlageberaterin mehr sein

Wahrlich wir leben in seltsamen Zeiten, wenn sich ein Bericht über Martina Eders ersten Beruf fast so liest wie eine Drogenkarriere. Jetzt ist sie clean, studiert Medizin und will den Menschen helfen.

Das wollte sie in ihrer Jugend schon, die wir als dörflich bayerisch miterleben und ein liebes Mädchen kennen lernen, das gern was mit Menschen und Zahlen machen möchte.

Irgendwie gerät Frau Eder an eine Banklehre, irgendwie stellt sie sich nicht ungeschickt an und bald landet sie an der Nadel, in der Anlageberatung. Es kommt ihr zwar zunehmend unlauter vor, die Spargroschen ihrer Kunden in unübersichtliche Verträge zu locken, aber wer Zinsen will, muss das Risiko aushalten sagt ihr Chef. Zum Glück ist der ein Arschloch, was es Martina leichter macht, den Abgrund an Volksberaubung zu entdecken, als die Finanzpapiere immer derivater werden, die Abschlüsse immer unmoralischer und die Arbeitsvorgaben eigentlich jedes Geschäft ins Hochrisiko drängen.

Ehrlich entsetzt über sich und ihre Branche schläft sie schlecht, weint ein bisschen bei Freundinnen und steigt am Ende aus. Das ist aber kein Fanal, kein Aufruf an alle Anlageberater, jetzt massenhaft zu kündigen. Man könne sich ja auch in die Kreditabteilung versetzen lassen. Martina Eder schlüsselt auch nicht auf, wo eigentlich was genau im Argen liegt.

Sind Zinsgeschäfte eventuell grundsätzlich unkoscher? Sollten Banken nicht mehr an ihren Vorteil denken? Sollten die Kunden sich ihre Berater lieber auf dem freien Markt suchen? Wären Verträge von mehr als 10 Seiten Länge eventuell besser automatisch ungültig, weil verschleiernd? Wäre ein netterer Chef ein größeres Unglück gewesen, weil dann Martina Eder nicht schon nach zweieinhalb Jahren gemerkt hätte, dass die Branche stinkt?

Man weiß es nicht und möchte doch mehr wissen, als dass es einem Christenmenschen im Regelbetrieb am Volksvermögen schlecht werden muss.