LIEBESLEBEN

Im Dunkeln

Wie eine Frau ihren Mann mit sich selbst betrügen will

Francoise Dorner schreibt ganz wundervoll traurige Bücher über ganz und gar komische Vorkommnisse. Die Frau in der hinteren Reihe erzählt in der Ich-Form von einer jungen Frau, deren Leben zwischen Ehealltag, Arbeit im Kiosk und versteckten Sehnsüchten zu versanden droht. Anders als andere neben ihrem Mann verwelkende Frauen hat sie den Mut und beginnt zwei ziemlich heisse Affairen, in denen sie Sex hat, dass es nur so raucht und in denen sie Dinge tut, die sie auch gerne mit ihrem Mann tun würde. Aber wenn sie dem einen Blasen will, wendet der sich entsetzt ab und sagt: "Aber wir sind doch verheiratet!"

Um diesem Problem beizukommen, tut sie das, was schon Jack Lemmon in "Irma La Douce" tat: Sie verkleidet sich als verruchte Hure, lauert ihrem Mann im Kino auf und bläst ihm, hinter ihm sitzend, sanft in den Nacken. Seitdem ist ihr Mann wie verwandelt, geht gerne ins Kino und lechzt nach der Fremden, die ihm so geheimnisvoll entgegentrat und behauptete, China sei ihre Heimat.

Das wird, bei aller Komik, nicht gut ausgehen. In der Liebe zu betrügen hilft nicht weiter, so oder so. In recht genial gebauten Nebenfiguren stellt Francoise Dorner ihre Heldin in ein Umfeld, in der alle irgendwie unglücklich sind weil das Leben sich nicht so entwickelte, wie sie es sich vorstellten. Mutter, Freundin, Schwiegermutter, Schwager - alle leben ein zähes, freudloses Leben, in dem meistens den verpassten Gelegenheiten nachgejammert wird.

Das Witzigste und Traurigste an Die Frau in der hinteren Reihe ist, wie die Heldin alles anders machen will und über sich hinauswächst. Aber das wird ihr in diesem Leben, unter diesen Menschen kein Glück bringen. Wie schon in Die letzte Liebe des Monsieur Armand findet die Dorner dafür eine schnörkellose, alltägliche Sprache, die niemals banal wirkt, alles Pathos vermeidet und ganz im Dienst der Geschichte steht.

Victor Lachner
Francoise Dorner: Die Frau in der hinteren Reihe Aus dem Französischen von Christel Gersch. Diogenes, Zürich 2008, 158 S., 17,90