HOHE HÄUSER

Der Etagen-Hase

Richard Rayner baut einen großen Wolkenkratzer

Das wird mit Sicherheit ein Film. Möglicherweise mit Brad Pitt als armer Finnen, der am Anfang des letzten Jahrhunderts in den Bürgerkrieg zwischen Zaristen und Bolschewiken gerät. Unter das neumodische Auto einer Gouverneurstochter, unter die Prügel seines Agitator-Vaters, unter die Trümmer seines Elternhauses, in dem die Mutter verbrennt.
Weil er aber auch noch Illustrierte liest, verliebt er sich, ausser in die wilde Russin, in Fahrstühle. Und Hochhäuser. Esko Vaananen wird Architekt und baut im 20er Jahre New York Wolkenkratzer.
Oder eben "Wolkenfänger", wie die Dinger in Finnland heissen. Man könnte auch Fahrstuhlflüsterer oder Doktor she-was-gone sagen, denn mit solchen Mega-Schinken will sich Rayner messen.
Aus seinem "L. A. Without A Map" hat man schon einen Film gemacht, und dessen Johnny Depp wäre der bessere Esko, aber die mythisch-psychologisch nötige Augenklappe stünde ihm genauso schlecht wie Brad Pitt. Odin gab ein Auge her für einen Becher aus dem Brunnen der Weisheit, erfahren wir im dunklen ersten finnischen Drittel des Buchs. Bei Esko zu Hause gab es ein Telefon im Dorf und vier Friedhöfe, und ferne Echos aus der Welt: Karl Marx und den ersten Lift in der Hauptstadt. Und grausige Gemetzel im Bürgerkrieg.
@body 7punkt = In New York ist alles viel heller, auch wenn Esko tief ins Gangster-Milieu einsteigt, um seine hohen Traumhäuser bauen zu können. Mit einer guten Frau an der Seite und einer schlechten im Kopf.
Ach, es wird schon auch ein wenig kitschig. Es gibt eine freche Journalistin am Rande, es gibt "spicy" Stellen, es gibt einen Mord aus Leidenschaft und eine Vertuschung aus Intriganz ... und es endet in den 30ern. Ob aber auch in der Kino-Fassung mit dem Tod des Helden, daran arbeitet der designierte Regisseur Alan Parker noch.
WING
Richard Rayner: Der Wolkenfänger. Aus dem Englischen von Gisela Stege. Hoffmann & Campe , Hamburg 2001, 528 S., 25,95 EUR