KUNSTKLAU

MacGuffin-Jagd

Die Bedeutung des Luftschachts - Adam Davies erklärt den Sinn des Lebens

Seit etwa drei Jahren gilt Adam Davies als viel versprechender junger Autor, der womöglich gar eine neue Art amerikanischer Tragikomödie entwickelt. Sein dritter Roman nun ist auf jeden Fall das Buch mit den meisten MacGuffin-Erwähnungen ausserhalb der Hitchcock-Fachliteratur. Im Gestus von Comics, Helden- und Agenten-Sagas stell uns Davies Otto Starks vor, ehemals einer der besten Guardians, inzwischen verliebt fast bis zur Verlobung, und verschuldet bis zur Insolvenz, weil ihm "die Ratte" ein paar MacGuffins klaute.

Mit schwankenden Zeitebenen, einem losen Mundwerk und unsympathisch naseweisen Fußnoten führt sich Otto klar als Popanz auf. Er ist keine glaubwürdige Figur in einem Krimi, dafür weiß er zu gut, was in Krimis alles unglaubwürdig ist. Im echten Leben käme Tom Cruise nie durch den Luftschacht, weil es solche Schächte gar nicht gibt. Dafür gibt es Genies wie Otto, die sich ihr Lebtag mit allen Giften der Welt zuknallen, um gegen Attentate immun zu werden. Und sich dann in eine Frau verlieben, die ihre Welt mehrfach umkrempelt.

Otto sucht einen MacGuffin nach dem anderen, Otto jagt die Ratte, Otto wechselt die Seiten. Otto hat Action-Szenen, die man gern in Split-Screen sähe. Und ein Happy End mit einem Luftschacht.

Ganz offensichtlich sind die meisten von Davies' Einfällen bloß kreatives Feuerwerk, um eine geheime Lebensmetapher zu vestecken. Alle suchen den wahren Wert der Dinge und Beziehungen, alle jagen zuerst nach falschen Zielen, so wie das Buch, das so tut, als wäre es ein Liebesroman, der sich als Krimi tarnt.

Wing
Adam Davies: Dein oder mein Aus dem Amerikanischen von Hans M. Herzog, Diogenes, Zürich 2010, 366 S., 21,90