GENIE

Mona Lisas Papa

Stefan Klein erklärt uns Leonardo da Vinci

Das abgründige Lächeln seines Hauptwerks kennt jeder. Dass der Maler Leonardo Da Vinci über viele Jahre daran arbeitete und womöglich gar dem Hintergrund mehr Aufmerksamkeit widmete als dem offensichtlichen Rätsel, erzählt uns jetzt der gelernte Biophysiker und Wissenschaftsjournalist Stefan Klein.

Klein geht weder ordentlich kunst- noch technikgeschichtlich an sein Thema heran, auch nicht klassisch biografisch. Mal erfindet er historische Szenen (wie die 10.000 Skizzen Leonardos aus dem Nachlass zerstreut wurden), mal besucht er heutige randständige Leonardo-Forscher (Mark Rosheim baute einen programmgesteuerten Automaten nach Leonardo, möglicherweise den ersten Computer der Welt). Mal feiert er den präzisen Beobachter, der Monate mit der Aufzeichnung von Wasserwirbeln verbringt. Dann lobt er den kühnen Schwindler, der seine Schnittzeichnung vom Bauch einer Schwangeren, den er nie sah, mit Kuh-Autopsien ergänzt. Und er entschuldigt, dass ein freischaffender pazifistischer Bastler Waffen für die Herrschenden ersann, von denen die meisten nicht funktionierten. War Leonardo nicht nur ein Genie, sondern auch ein schelmischer Saboteur?

Alles drei, Neugier über den Zweck hinaus, Analogie-Schlüsse etwa vom Schleusenbetrieb zur Herzmechanik, und die Bereitschaft zur Auftragsarbeit, um Freiräume für eigene Interessen zu finanzieren, sind moderne Tugenden, die Klein uns an Leonardo lehrt.

Mit Stefan Kleins Buch ist die Leonardo-Forschung nicht zu Ende. Nach seinem Erscheinen wurden ein paar verschollene Bilder des Meisters wiederentdeckt. Aber ohne Stefan Kleins Buch sollte man zur Zeit kein Studium der Anatomie, Mechanik, Geografie, Geschichte oder sonstiger Wissenschaften aufnehmen.

Wing
Stefan Klein: Da Vincis Vermächtnis. Oder: Wie Leonardo die Welt neu erfand. Mit vielen Illustrationen. S. Fischer, Frankfurt/M. 2008, 336 S., 16,90