Surrealismus

Ganz woanders

Bora Cosic flaniert durch das Belgrad seiner Erinnerungen

Bora Cosic, in Zagreb geboren und in Belgrad aufgewachsen und aus dem zerbrechenden Jugoslawien geflohen, ist gerade 80 geworden. Und erinnert sich in Frühstück im Majestic an seine Kindertage und als die Streiche der verfeindeten Fraktionen der serbischen Surrealisten zwischen den Kriegen das Schlimmste war, was passieren konnte. Er erinnert an das prachtvolle Hotel Majestic in seinem Viertel, und dass mit zunehmendem Alter der Eindruck zunimmt, dass die Welt nur gemalt sei, oder wie Cosic mehrfach schreibt: "Die Welt ist womöglich woanders". Und als Beweis führt er an, dass die Belgrader Polizeistation dort entstand, wo sich früher das Irrenhaus befand. "Es ist dasselbe Gebäude, das im Jahr 1999 von den Raketen der Allianz zerstört wurde, nur dass dadurch der Wahnsinn hier nicht ausgelöscht wurde."

So plaudert er über die Ordnung der Dinge und dass nur die Kunst dem Leben einen Sinn zu geben vermag, weil sie die Welt richtig ordnet. Frühstück im Majestic ist ein durch und durch unsentimentaler und wehmütiger Blick auf eine Zeit, als manche Ideen vollkommen unverdächtig waren und man über die Zusammenhänge von milchigen Badezimmerscheiben und Impressionismus nachdenken konnte.

Thomas Friedrich
Bora Cosic: Frühstück im Majestic. Belgrader Erinnerungen. Aus dem Serbischen von Katharina Wolf-Grießhaber. Hanser, München 2012, 14,90