Parabolisch

Gottes Gör

J.M. Coetzees »Die Kindheit Jesu« ist ein recht sperriges Buch

Der Mann Simon und das Kind David kamen übers Meer. Jetzt sind sie in einem Land, in dem Spanisch gesprochen wird. Der Mann sucht Arbeit und eine Unterkunft. Der Mann ist nicht der Vater des Kindes, aber er hat versprochen, die Mutter Davids zu finden.

Offenbar jeder hier kommt aus einem anderen Land. Und jeder hat dieses andere Land und seine private Geschichte vergessen und erhält hier eine Chance, neu anzufangen. Die Bürokratie ist träge, aber niemand verhält sich bösartig. Und während Simon irgendwann tatsächlich glaubt, Davids Mutter gefunden zu haben, entwickelt sich David zu einer außerordentlichen Nervensäge.

Auch ohne den seltsamen Titel Die Kindheit Jesu wäre J.M. Coetzees Roman sperrig genug. Aber in diesem seltsamen Land, dieser Mischung aus Holland und Limbus, wo niemand von Gott spricht und David auch keinerlei Jesus-Allüren zeigt, diese religionsgeschichtliche Konnotation ins Spiel zu bringen, macht das Buch eher unverständlicher. Offenkundig schreibt Coetzee keine neue Jesus-Geschichte. Ebenso offenkundig ist sein David keine Gottes-Göre, sondern vor allem unerzogen (was sich durch das nachgiebige Verhalten seiner Mutter noch verstärkt).

Coetzee hat kleine Irritationen in seine Geschichte eingebaut, die vermuten lassen, dass sowieso nichts davon in unserer Welt spielt. Weil das alles klar und direkt erzählt ist und vor allem die Szenen aus Simons Arbeitswelt beeindrucken (er ist Schauermann im Hafen und lädt täglich Getreide ab, immer wieder nur Getreide), liest man hier mit zunehmender Spannung ein Buch, das man zunehmend nicht verssteht.

Das ist nicht das schlechteste.

Alex Coutts

J.M. Coetzee: Die Kindheit Jesu. Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke. S.Fischer, Frankfurt 2013, 351 S., 21,99