MILITARIA
Luftige Landser Der Falke Tom Clancy schießt bei seiner Luftkriegs-Reportage jeden Vogel ab Schon dem Namen nach mußte ich ja dieses Buch lesen - obwohl Fighter Wing schon im Untertitel bedenklich touristisch ins Trudeln kommt: Eine Reise in die Welt der modernen Kampfflugzeuge. Aber es wurde noch schlimmer. "Eines ist sicher", resümmiert ein vermutlich ziemlich wirklichkeitsnah erfundener amerikanischer Luft-Kampf-Kommandant am Ende des abschließend alles gelernte zusammenfassenden Vietnam-2000-Szenarios: "diesmal würden sie ihre Parade kriegen". Au ja. Tom Clancy aber gehört für sein neues Teil-Streitkräfte-Halb-Sachbuch kielgeholt - bei einer schrottreifen Flying Weasel im Looping, jenseits der Schallmauer. Nicht aber, weil die minutiöse Beschreibung von Technik, Taktik und Strategie der nach dem Golf-Krieg noch "smarter" umorgansierten amerikanischen Air Force an sich schon schändlich kriegsverherrlichend wäre - und erst recht nicht, weil der auch in seinen Romanen ziemlich landserhafte Tom Clancy (Filme wie "Roter Oktober" oder "Patriot Games" entschärfen da viel) das Kriegshandwerk platt glorifizierte. Eher im Gegenteil. Clancy weiß, daß es keine "chirurgischen Schläge" gibt; Clancy weiß, daß der moderne Luftkrieg mehr von der Gnadenlosigkeit der Artillerie als vom Duellistentum Luke Skywalkers hat - und Clancy mag das. Wenn er den ersten Lenk-Bomben-Einsatz im Vietnam-Krieg beschreibt, fällt ihm die günstige Witterung auf; wenn er die gemischten Verbände des 366. Air Combat Geschwaders vorstellt, weidet er sich an den 35,5 Luftsiegen der "Wild Boars" (2 über Vietnam, 0 über Kuwait) und dem Ambiente der Bereitschafts-Bar - und mischt den eher ekligen Kameradschafts-Ton harter Männer mit komplizierten Überlegungen zum kombinierten Einsatz von Bombern, Tankern, Jägern und Aufklärern unter einem Kommando. Die Recherchen zu Material und Einsatzplanung sind beeindruckend (Clancy hat gute Leute dafür, er ist nicht mal selbst in einen Jet geklettert) - es gibt Geheimdienste, die weniger wissen -, die Analysen aber klingen mehr nach Casino als nach HQ (hätte Saddam während Desert Storm sein Handy benutzt, hätten wir ihn angepeilt und getroffen). Das paßt zu dem Humor der kämpfenden Truppe: das siegverheißene Radarbild kurz vor Ende des Golfkriegs heißt offiziell "Mother of all Retreats - Die Mutter aller Rückzüge". Der Romanteil schließlich erzählt Clancy-typisch von einer Autonomie-Revolution in Süd-Vietnam, vom blutigen Strafgericht des Nordens und von einem UNO-Einsatz mit US-Truppen zur Wiederherstellung des Friedens. Was auf die Zerschlagung der Volksarmee hinausläuft - und auf die "verdiente" Parade für die Strike-Eagle-Piloten. Wir sind entsetzt. WING
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Tom Clancy: Fighter Wing. Eine Reise in die Welt der modernen Kampfflugzeuge Heyne 1996, 439 S. |