VATER & SOHN Die Reise Wo Handelsvertreter rüde rammeln: Nick Caves zweiter Roman lässt nichts aus, was peinlich ist Nick Cave, Frontmann der Band "The Badseeds" und gebürtiger Australier, lebt heute in Brighton an Englands Südküste. Dort spielt auch sein zweiter Roman Der Tod des Bunny Munro, in dem der Autor den Themen vieler seiner Songtexte treu bleibt: Sünde und Verdammnis, Liebe und Schmerz. Er schildert die letzten Wochen im Leben des Bunny Munro, einem Handelsvertreter für Kosmetik. Der Antiheld mit der Schmalzlocke ist schnell charakterisiert: Sexsüchtig, drogenabhängig und asozial. Seine Frau erhängt sich wegen seiner ständigen Eskapaden. Bunny, der selbst beim Anblick der Brüste ihrer Leiche noch erregt wird, steht plötzlich mit Sohn Bunny Junior alleine da. Den Großteil der Beerdigung verbringt er onanierend auf dem Herrenklo. Anschließend feiert er mit seinen Freunden eine Drogenparty bei sich Zuhause und vögelt die Freundin seines Kumpels. Einen Tag später beschließt er mit seinem neunjährigen Sohn auf Verkaufsreise zu fahren. Der sich im Dauerdelirium befindende Bunny glaubt an seine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Frauen und versucht seine Kundinnen Flach zu legen. Sein Sohn steht unterdessen mit dem Verlust der Mutter alleine da, zwanghaft klammert er sich an seine Enzyklopädie und lernt Definitionen auswendig, während seine Augen wegen einer chronischen Entzündung immer mehr verkrusten. Im Verlauf der Reise steigt Bunny Munros Realitätsverlust stetig. Er belästigt unentwegt Kundinnen und vergewaltigt eine heroinsüchtige Jugendliche. Der Kreislauf zwischen den Generationen schließt sich: Früher war auch Bunnys Vater Verkäufer, nahm seinen Sohn mit auf Geschäftsreisen und hielt es mit den Frauen ebenso wie Bunny heute. Die Zukunft für den dritten der Munro-Männer bleibt offen, was nach diesem abartigen wie tragischen Roadtrip einen faulen Nachgeschmack beim Leser hinterlässt. Zwar haben sein Vater und Großvater für ihre sündhafte Interpretation von Männlichkeit zahlen müssen. Aber das gesamtgesellschaftliche Bild, das Nick Cave in seinem Roman zeichnet macht wenig Hoffnung und ist erschreckend realitätsnah. Janne Hiller
Nick Cave: Der Tod des Bunny Munro. Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, 320 S., 19,95
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