MUSIK

Hinter Gittern

Johnny Cashs legendärer Knast-Auftritt

Am Morgen des 13. Januars 1968 begrüßte der "Man in Black" die Insassen des Folsom Prison mit den Worten "Hello, I´m Johnny Cash". Das anschließende Konzert sowie das daraus entstandene Live-Album "Johnny Cash at Folsom Prison" gingen in die Musikgeschichte ein.
Autor Michael Streissguth, der bereits eine Biographie und eine Anthologie des Country-Sängers veröffentlicht hat, beschreibt die Vorgeschichte des Auftritts. Die reicht bis ins Jahr 1951 zurück, als Cash im bayerischen Landsberg als GI stationiert war. Nachdem er dort den Film "Inside the Walls of Folsom Prison" gesehen hatte, komponierte er den legendären "Folsom Prison Blues". In der Analyse des Songs weist Streissguth darauf hin, dass Text und Melodie sich kräftig bei Gordon Jenkins "Crescent City Blues" bedienten.
Nachdem Cash 1954 in die USA zurückkehrte, landete er aufgrund seiner Drogenexzesse mehrere Male kurzzeitig im Knast. Als Outlaw der Country-Szene fühlte Cash sich mit den dortigen Kriminellen stark verbunden. So stark, dass er von 1957 bis 1967 rund dreißig Auftritte ohne Gage in berüchtigten Knästen wie San Quentin und Folsom Prison absolvierte. Dabei engagierte er sich zusammen mit christlichen Organisationen für eine Strafvollzugsreform. Leider erfährt der Leser vom sonst so detailverliebten Autor wenig Konkretes über diesen Kampf. Wegen des Erfolges von "Folsom Prison Blues" kam Cash auf die auch kommerziell naheliegende Idee, ebendort ein Live-Album aufzunehmen.
Neben dem präzise und atmosphärisch dicht geschildertem Auftritt erwähnt der Autor auch weniger Glanzvolles. So wurde etwa der Jauchzer nach Cashs Zeilen "I shot a man in Reno / Just to watch him die" nachträglich im Studio aufgenommen. Darüber hinaus zitiert Streissguth Zeitzeugen und zeichnet Einzelschicksale nach, etwa das des unglückseligen Glen Sherley. Dessen Eigenkomposition "Greystone Chapel" überzeugte Cash vom Talent des Häftlings und er setzte sich erfolgreich für dessen vorzeitige Freilassung ein. Doch trotz eines anschließenden Jobs in der Cash-Familie drehte Sherley allmählich durch. Am 11. Mai 1978, zehn Jahre nach seiner Entlassung, beging er Selbstmord. Danach zog sich Johnny Cash aus dem Kampf für Gefängnisreformen zurück.
Frank Krings
Michael Streissguth: Johnny Cash at Folsom Prison. Die Geschichte eines Meisterwerks Aus dem Amerikanischen von Fritz Schneider. Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Berlin 2006, 224 S., 110 Bilder, 22,90