BÖSE MÄDCHEN

Nicht beißen!

Eine Harvard-Studentin will wissen, was Porno ist

Als Ayn Carrillo-Gailey eines Tages von ihrem sexuell eher passivem Freund Greg vorgeworfen wird, sie leide unter "Pornophobie" (das war direkt nachdem sie seine Penthouse-Heftchen im Bad gefunden hatte, mit viel nackten Mädchen auf eklig verklebten Seiten...), zieht sie daraus zwei Konsequenzen: Sie schmeißt Greg aus ihrem Leben, und sie will wissen, was Pornographie ist und warum sie Männer anmacht.
Im Laufe ihrer Recherchen - Ayn Carrillo-Gailey ist Journalistin und weiß, wie sowas geht - stellt sie fest, dass Pornografie manchmal öde ist, andererseits aber auch ganz viel Spaß machen kann.
Dazu sollte man wissen, dass für die Autorin "Pornografie" mit so wilden Sachen wie nippelfreie Büstenhalter, Dildos und Stripclubs beginnt und bei DVDs endet, die hier "ab 16" freigegeben würden und in denen die Mädels sich den Schaum von den üppigen Brüsten wischen. Mehr nicht. Zwar erwähnt Frau Carrillo-Gaileys nebenbei, dass es wohl sowas wie "Hardcore Pornografie" gebe, dass da wirkliche Menschen wirkliche Dinge ineinander stecken und sich dabei schmutzig machen, und vielleicht, mit viel Überwindungskunst, würde sie solch einen Film auch zuende sehen können - aber Hardcore, keine Frage, ist hier nicht das Thema.
Die Suche nach den verdorbenen Dingen für kleine brave Mädchen beschränkt sich also auf Vibrations-Slips (schon einen Dildo möchte Frau Carrillo-Gailey nicht an respektive in sich 'ran lassen), Erotik-Videos, ein Blowjob-Seminar ("nicht beissen!" - was Amerikanerinnen alles lernen müssen!) und schlimme Gedanken, die in den USA dank der Statistik schnell ihre Kraft verlieren ("...als wir auf dem Seminar hören, dass nur gut 20 Prozent aller Frauen schlucken, sind wir erleichtert").
Diese überaus biedere, in ihrer Naivität jederzeit komische Suche nach dem Verdorbenen führt natürlich zu - gar nichts. Auch die www.-Adressen, die am Ende angegeben werden, behandeln sehr amerikanisch die Frage von Lust, Sex und wie schmutzig darf's denn sein? Pornology ist lehrreich, wir lernen, dass auch für Harvard-Studentinnen (wie Carrillo-Gailey) mit Playboy die pornographische Zone beginnt.
Streckenweise etwas mühselig zu lesen - Frau Carrillo-Gailey erzählt viel, was sie und ihre Freundinnen sich erzählen und ist überhaupt schwatzhaft wie die Mädels in Sex and the City - ist Pornology streckenweise gerade wegen der Naivität der Autorin brüllend komisch.
Als sie im Stripclub in der ersten Reihe sitzt und eine der Tänzerinnen sich ihr nur im Tanga nähert und eindeutig Trinkgeld möchte, stellt Ayn Carrillo-Gailey nach einem Blick ins Portemonnnaie fest, dass sie nur 20 Dollar dabei hat. Die steckt sie der Tänzerin dann ins Höschen - und zieht einen 10er und einen 5 als Wechselgeld aus der Hose der halbnackten Dame.
Man kann nur ewig bedauern, dass diese Szene nie mit Doris Day verfilmt worden ist.
Thomas Friedrich
Ayn Carrillo-Gailey: Pornology. Ein braves Mädchen erkundet die abenteuerliche Welt der Strip-Clubs, Pornokinos, Freudenhäuser und Männermagazine Aus dem Amerikanischen von Christoph Hahn. Rogner & Bernhard bei 2001, Berlin 2007. 344 S., 19,90