Sekten

Bedrohung von gestern

Ursula Caberta erzählt nochmal »Die ganze Wahrheit« über Scientology

Man kann das ja auch andersherum sehen: Zwei Jahrzehnte lang hat die gelernte Volkswirtin Ursula Caberta davon gelebt, vor der US-Sekte Scientology zu warnen. So notwendig und berechtigt das gewesen sein mag, hatte dieses "Warnen" oft hysterische Züge und führte etwa dazu, dass der Jazzmusiker (und Scientologe) Chick Corea Auftrittsverbote erhielt oder dass zum Boykott von Filmen aufgerufen wurde, in denen der Scientologe Tom Cruise die Hauptrolle spielte.

Dass diese lautstarken Angstkampagnen in Deutschland fast zum Erliegen gekommen sind, bedauert Caberta ganz außerordentlich im Vorwort zur Neuauflage ihres Standardwerkes Scientology - Die ganze Wahrheit. Andererseits scheint die Gefahr auch nicht groß genug zu sein, um es für die Neuausgabe zu aktualisieren. Als Beispiel der falschen Solidarität mit der Hubbard-Sekte sich über einen Auftritt der Grünen Antje Volmer bei Bioleks Talkrunde zu empören, ist fast schon lustig; immerhin wurde die Sendung 2003 eingestellt.

Die eher oberflächliche Schilderung vom Werdegang Hubbards und seiner Sekte wird auch nicht erfreulicher, wenn man merkt, wie wenig Verlag und Autorin an einer Aktualisierung des Stoffes interessiert waren. Die größte Erschütterung von Scientology, der jetzt auch schon fünf Jahre zurückliegende öffentliche Austritt des Drehbuchautoren und Regisseurs Paul Haggis (Million Dollar Baby) kommt bei Caberta gar nicht vor.

Im Nachwort verspricht Caberta, dies sei ihr letztes Buch zum Thema Scientology, da die "bürokratische Situation" ihren Ansprüchen nicht mehr genüge. Ehrlicher wäre gewesen: Seit 2013 ist sie ihren Job als Ministerialreferentin bei der Hamburger Innenbehörde los (Caberta unterschrieb einen "Auflösungsvertrag"). Seitdem schreibt sie über Feminismus und Esoterik.

Erich Sauer

Ursula Caberta: Scientology. Die ganze Wahrheit. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2014, 188 S., 17,99