KLATSCH & TRATSCH Verratene Verräter Budd Schulberg beschreibt, wie Hollywood groß und gierig wurde Dies ist ein Aufsteigerroman. Was treibt Sammy an? handelt von Sammy, der es vom Redaktionsboten in einer kleinen Zeitung zum großen Produzenten in Hollywood bringt. Und von Al, Sammys Redakteur, der beinahe ein großer Drehbuchautor geworden wäre. Es geht um krankhaften Ehrgeiz, der dich zu Schwein macht, und um einen echten Charakter, der lieber scheitert, als sich zu verbiegen. Jetzt hat Harry Rowohlt Schulbergs Debüt von 1941 neu übersetzt und mit schnoddrigen Erläuterungen versehen, damit auch Leute, die sich in den späten 30ern in Hollywood nicht so auskennen, einige Anspielungen mitkriegen. Was treibt Sammy an? wirkt heute wie ein amerikanisches Märchen, das die Traumfabrik ebenso kritisiert wie feiert, etwa so wie Robert Altmanns The Player. Als das Buch damals erschien, geriet Budd Schulberg dagegen in der ganzen Branche als Verräter in Verruf. Fast jeder Studioboss erkannte sich in einer der wenig schmeichelhaft gezeichneten Figuren wieder. Selbst Hollywoodkritiker fanden Schulbergs "Sammy" nestbeschmutzend, weil er etwa die Gründung der Drehbuchgewerkschaft despektierlich als Vereinsmeierei schilderte. Und die amerikanische Kommunistische Partei, deren Mitglied Schulberg damals war, fand die Business-Satire viel zu individualistisch und bestellte den Autor zur Ideologiekorrektur ein. Er ging aber nicht hin. Stattdessen sagte er 1951 freiwillig vor dem berüchtigten Ausschuss für unamerikanische Umtriebe aus und drehte mit Eliah Kazan, einem anderen Aussagewilligen, den Oscar-prämierten Film Die Faust im Nacken. Der kommunistische Teil der Geschichte kommt in Klappentext, Vor-, Nachwort und Erläuterungen zu "Sammy" leider nicht vor. Dafür erfreut sich Schulberg ausführlich an dem Hass, mit dem ihn John Wayne und das rechtschaffene Amerika noch jahrzehntelang verfolgten. Seine Zeugenaussagen waren schnell vergessen, sein Buch über einen Raffke-Typ aber wurde zur ständigen, und erfolgreichen, Beleidigung der amerikanischen Eroberer-Seele. Am Ende ist Schulberg im Nachwort von 1989 ein bisschen entsetzt. Sein "Sammy", der ursprünglich eine Art metaphorischer "Scrooge" war, ist in den 80ern zum Yuppie-Rollenmodell geworden. Und sein "Al", der Hollywood verließ, weil man da nicht ehrlich bleiben konnte, erscheint als moralische Witzfigur. Heute sind wir ein paar Drehungen weiter und können uns an knackigen Dialogen freuen und an kleinen Geschichten aus der Zeit, als Autoren wochenweise als Leiharbeiter beschäftigt wurden. Oder uns darüber ärgern, dass die Fabel richtig filmreif und kitschig endet: Sammy wird reich und unglücklich, Al kriegt sein Mädchen und ein Haus am Strand. Wing
Budd Schulberg: Was treibt Sammy an? Aus dem amerikanischen Englisch von Harry Rowohlt. Kein & Aber, Zürich 2008, 416 S., 19,90
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