COMEDY

Ich war Front

Michel Birbaek witzelt um sein Leben

Herr Birbaek ist Däne und hat früher mal Gags geschrieben für die Herren Schmidt und Raab. Da macht man sich doch Sorgen, sein neuer Roman, der unter anderem von einem Dänen in Deutschland handelt, der als Comedy-Schreiber kein Land mehr sieht, könne autobiographisch sein.
Der lustig Däne im dritten Roman des lustigen Dänen Michel Birbaek heißt Lasse und muss Witze machen. Vor allem über sich und seine unklare Haltung zu seiner Freundin. Irgendwie haben sie sich so sehr auseinandergelebt und so gut aneinander gewöhnt, dass sie sich Sex miteinander nicht mehr vorstellen können, eine Trennung aber auch nicht.
Bis es doch noch dazu kommt, mit einer rauschenden Ballnacht, witzelt sich Lasse am Leben entlang. Durch Kölner Schwulenparties zur Karnevalszeit, dänische Krankenhäuser außerhalb der Besuchszeit, durch paartherapeutische Grundfragen und ein bisschen therapeutischen Sex auswärts, und immer wieder durch die erschreckend unkomische Szene von Komikern, Programmchefs und Promi-Tussen, die in Köln auf jeder größeren Party herumstehen.
Michel Birbaek ist mit seinen Romanen Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen und Wenn das Leben ein Strand ist, sind Frauen das Mehr ein bei den Damen hoch beliebter Versteher geworden. Und bei Sprachpflegern ein rotes Tuch, wenn man das so sagen kann. Birbaek ist, was Bridget Jones wäre, wenn sie früher mal in einer Punk-Band gewesen wäre (Birbaek: "Ich war nie Sänger. Ich war Front"). Er hat ein schönes Gespür für Szenen und Typen, aber auch einen unseligen Hang dazu, den Ich-Erzähler jeden Gedanken zuquatschen zu lassen, mit Abschweifungen, Ironisierungen oder einfach atmosphärischem Gedöns.
Das ist als Performance in Birbaeks sogenannten "Sit-Down-Comedy"-Vorlese-Abenden sicher zum Brüllen. Selbstgelesen macht das etwas atemlos.
wing
Michel Birbaek: Beziehungswaise. Lübbe, Bergisch Gladbach 2007, 495 S.,