Insulaner Ein stures Landvolk Eine Märchensatire aus und über Kroatien Weil er drogenbetäubt neben einer halbnackten und fast minderjährigen Blondine für die Presse fotografiert wurde, muss der Politiker Sinisa eine Strafrunde drehen: Der Ministerpräsident schickt ihn auf die Adria-Insel "Drittchen". Dort gibt es kein Internet, kein Handyempfang und vor allem keinen Gemeinderat, weil die Bewohner von Drittchen sich beharrlich weigern, Wahlen abzuhalten. Schon die Gründung von zwei Parteien gestaltet sich schwierig: "Wozu zwei Parteien?", fragen die Anwohner den Regierungsbeauftragten Sinisa, "sowas gibt doch nur Streit.". Der achte Beauftragte ist eine recht derbe Satire des kroatischen Schriftstellers Renato Baretic aus dem Jahr 2003. Die sturen Provinzler gegen die nervöse Städter - das ist nicht wirklich neu und wird hier nur durch einige recht grobhumorige Sexpassagen aufgemotzt. Trotzdem hat der schnurrige Roman seine Momente und seine Figuren, etwa die Brüder, die seit Jahrzehnten nicht mehr miteinander reden, sich aber jeden Tag zum Kartenspiel treffen. Dass die ganze Insel mehr von italienischen Schmugglern als vom kroatischen Staat lebt, ist nur eine der kleinen politischen Gemeinheiten, die Baretic in seinem etwas zu seitenstarken Büchlein untergebracht hat. Für Freunde von Land und Leuten hingegen ist der Roman recht genüsslich zu lesen. Victor Lachner
Renato Baretic: Der achte Beauftragte. Aus dem Kroatischen von Alida Bremer. Dittrich, Berlin 2013, 336 S., 19,80
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