SCHIENENVERKEHR

In vollen Zügen

Schenken Sie »Das Bahnhasserbuch« Ihrem Schaffner

Das Gelungenste an diesem Buch ist der Umfang: nur 199 Seiten brauchen Claus-Peter Hutter und Mitarbeiter für Schimpf und Schande über den schienengebundenen Massenverkehr in Deutschland. Und das bei tätiger Unterstützung aus dem Volke, das über Verspätungen klagt, volle Klos, blöde Fahrdienstleiter, ganz blöde Fahrkartenautomaten ... man hätte glatt eine Kritik von Kursbuchdicke erwartet.
Das Zweitschönste ist die letzte Seite: das Hasser-Team bereitet gerade einen Anschlag auf die Post vor. Oh, da hätten wir Sachen zu erzählen.
Aber genau da rattert es im Konzept: viele Fallgeschichten artikulieren, von Hutter & Co ins ironisch-launig-bissige umgedeutscht, den Kundenunmut über die Service-Desorientierung der Ex-Behörde; alles richtig, alles zu recht. Aber auch etwas langweilig. Wie Offene-Türen-Einrennen. Allerdings im fahrenden Zug. Zwar geben die Bahnhasser noch allerlei Fakten zur Philippika hinzu, stellen die aber nicht in einen Zusammenhang. Mal ist die Bahn ein Arbeitsbeschaffungsapparat und altmodische Stellwerke müssen weg, mal ist es eine Katastrophe, wie viel Personal die Bahn abbaut, und dann zeigt eine kleine Tabelle, dass europaweit Bahnarbeiter "auf dem Abstellgleis stehen" (so humort Hutter gern herum), Deutschland aber mit Abstand die meisten beschäftigt. Sogar Bahnbusfahrer, die kein Deutsch können. Sakra. Das ist zwar wirklich ein Fehler, aber die Kritik verliert hier doch etwas die Spur.
Man ahnt, warum Bahnchef Mehdorn nicht mit den Bahnhasser-Autoren reden wollte. Obwohl das im Herzensgrunde doch Eisenbahnfreunde sind, die sich den Kampf-Namen nur aus Galgenhumor gegeben haben. Unter dem machen sie nach dem Buch auch im Internet weiter: www.bahn-hasser.de.
WING
Claus Peter Hutter, Traugott Markert, Lutz Ribbe: Das Bahnhasserbuch. Knaur, München 2004, 199 S., 6,90 ISBN: 3426777029