IDYLLE
In the mood
Julian Ayestas lyrischer Roman »Helena«
Auch darüber kann man schreiben: wie ein spanischer Sommer riecht, wie Lichtflecken auf der Wiese tanzen ... "An jenem Morgen sangen die grünenden Wiesen im Sommerlicht" schreibt Ayestas in Helena oder das Meer des Sommers. Der kleine Roman, verfasst in den 40ern, veröffentlicht in den 50ern, beschreibt drei Idyllen in den 30er Jahren, einen Sommer der Kindheit, einen Winter der Erkenntnis und wiederum einen Sommer der Liebe. "Das Kirschdessert glänzte sehr rot zwischen den schwarzgelben Wespen" - so beginnt das, und neben der prächtigen Bilderwahl sieht man die Lust des Autors an den Kontrasten. "Die Lichttupfen - die großen verfolgten die kleinen - liefen über das Tischtuch, das voller violetter Weinflecken und Brotkrümel war." Der Sogwirkung dieser Sätze kann man sich nicht entziehen, Aysta beschreibt das Paradies, eine Bürgeridylle in den 30ern, Ferien auf dem Land, bukolisch und ein bisschen aufgekratzt. Die große Kopfkissenschlacht zwischen Jungen und Mädchen fällt in diesem Jahr allerdings erstmals aus, weil die Mädchen - welch Affront! - die Erwachsenen zu Hilfe rufen.
Während der erste Teil "Im Sommer" davon handelt, dass die Welt so schön sein kann, dass man vor Glück ganz traurig wird, erfährt der Held im Teil "Im Winter" die Liebe Gottes, wobei nicht ganz klar ist, ob nicht der gute Schnaps am Kamin und das üppige Familienessen dafür verantwortlich sind, dass er sich mit der Welt vollkommen versöhnt fühlt. "Wieder Sommer" heisst der dritte Teil, in dem sich der Erzähler rettungslos in Helena verliebt. Dann ist das Buch zuende. Es enthielt nichts als leuchtende Farben, überschwängliche Stimmungen und Reflexionen. Dagmar Ploetz hat das bewundernswert wirkungsvoll ins Deutsche übersetzt.
Was will uns die Geschichte sagen? Das wäre der einzig mögliche Einwand gegen Helena: an ein perfektes Kunstwerk kann man keine Fragen richten. Seine Provokation besteht darin, dass es einfach da ist.
Thomas Friedrich
|