IRONIE

Zimmerpflanzen

Ernst Augustin amüsiert sich über die Welt

Der Mann ist eigentlich Psychiater und viel herumgekommen. Schwierige Romane hat er auch geschrieben und einige Literaturpreise gekriegt. Seine amüsanten Brotabeiten wollte Ernst Augustin aber erst im hohen Alter (über 80) zu Büchern machen. Hier das erste: ebenso traurig wie absurd, genau so heiter wie einfach dem Leben abgeguckt. 22 Texte führen uns in deutsche Gebräuche, in ferne Länder, an die Grenzen der Kunst oder in einen tödlichen Sommerurlaub.
Mal sichert einer sein Haus so sehr gegen Einbrecher, dass er selbst nicht mehr hineinkommt, aber Augustin ist klug genug, die Moral der Fabel wegzulassen; mal grantelt die stets namenlose Erzählerfigur an der Heizölabrechnung, der Jugend oder dem Dollarkurs herum, scheinbar ganz ironiefrei; und zuweilen stößt ein womöglich autobiografischer Teil-Erzähler (Arzt in Afghanistan, Schriftsteller in Afrika, Preisträger in München) auf schöne Widerlegungen seiner Vorurteile. Dann übersetzt er nur, offenbar gegen zu wenig Zeilenhonorar, verquollene Habermas-Passagen ins Deutsche - und ist dann plötzlich licht und klar: "Egal, was uns die linken Brüder erzählen, die Leute sind heute so weitgehend geschult, dass sie keine Strommasten mehr absägen, solange das Badewasser heiß und der Flug nach Mallorca gebucht ist." In alter Rechtschreibung.
Leider heisst es nur knapp "einige" Texte seien schon in der Süddeutschen Zeitung erschienen, welcher aber wann, steht nicht dabei. Andererseits steht ja auch nicht dabei, ob es Ernst Augustin mit dem Plan Ernst ist, sich nur noch so schlechte Filme im Kino anzusehen, dass keiner sonst hingeht und er also seine Ruhe hat. Dass er gerade 54 Bananenbäume bei Tengelmann kaufte, weil er die Tropen noch von früher so liebt, ist aber wahr, oder jedenfalls gut zu glauben?
WING
Ernst Augustin: Der Künzler am Werk. Eine Ménagerie. C.H. Beck, München 2004, 215 S., 18,90 ISBN: 3406521800