ISRAEL Dreimal daneben Nahostkonflikt mal anders: Eine ernsthafte Satire über Israelis und Palästinenser Der dritte Roman des israelischen Autors Assaf Gavron erzählt in schnörkelloser Sprache und blendet zwischen den zwei Hauptcharakteren hin und her: Eitan, "Krokodil" genannt, ein israelischer PC-Spezialist, der sich in Tel Aviv in einer Software-Firma den Buckel krumm ackert, und Fahmi, ein palästinensischer Attentäter mit Familiensinn. Letzterer liegt im Koma. Man hört quasi nur seine Gedanken und sieht in Rückblenden Teile seines Lebens, darunter die Vorbereitungen zu den Attentaten. Diese Attentate wiederum stehen in direkter Verbindung zum "Krokodil", dem anderen Ich-Erzähler. Der überlebt nämlich in kürzester Zeit zufällig drei von Fahmi eingeleitete Anschläge. Einmal steigt er vor der Explosion aus dem Autobus. Dann wird dem neben ihm sitzenden Soldaten, den er als Anhalter mitgenommen hatte, in den Kopf geschossen. Und zu guter Letzt tauscht er Sekunden vor einem Selbstmordattentat im Café den Platz mit seiner Begleitung und überlebt äußerlich so gut wie unverletzt. Aber so einfach ist das Überleben dann doch nicht. Kurz bevor Eitan aus dem Autobus stieg, unterhielt er sich mit einem unbekannten Mann, Giora Gueta, wie man später weiß. Falls ihm etwas passiere, solle "Krokodil" seiner Freundin etwas ausrichten. Der Autobus wird Ziel eines palästinensischen Selbstmordanschlags, Giora stirbt, und "Krokodil" lässt die letzte unvollendet gebliebene Nachricht des Toten nicht los. Er findet Schuli, Gioras Freundin, verliebt sich innerhalb eines Tages in sie und macht es sich zur Aufgabe, herauszufinden, wohin Giora eigentlich unterwegs gewesen war. Nebenher und hinterher erlebt und überlebt er die zwei anderen Anschläge und wird von den Medien zu einer Ikone des Widerstandes auserkoren. Er besucht Talkshows, gibt Radiointerviews, soll für ein Wettbüro Attentate voraussagen und wird von jedem auf der Straße als das "Krokodil der Attentate" erkannt. Psychisch geht es mit ihm immer weiter bergab, was dazu führt, dass er Job und Freundin verliert. Im Gegensatz dazu zeigt uns der Autor Fahmi, der unter dem Einfluss seines religiös-fanatischen Bruders steht und seinen Vater enttäuscht, weil er Selbstmordattentätern zur Probe vor dem allerletzten Auftrag den Sprenggürtel umschnallt. Ein liebenswerter Mensch, der sich nach seiner Freundin sehnt, mit einem alten Esel anfreundet und der bei einem Juden putzt, der es versteht, wenn ein junger Mann kurz vor einem Selbstmordattentat kneift. Gavron (der an dem etwas anderen Kriegscomputerspiel Peacemaker mitgearbeitet hat) bringt uns ein anderes Bild des Nahostkonflikts nahe, das Raum für Grenzwertiges und Unerwartetes lässt. Wer es politisch korrekt liebt, wird mit dem Buch nicht auf einen Nenner kommen. Sarah Kuschnerow
Assaf Gavron: Ein schönes Attentat. Aus dem Hebräischen von Barbara Linner. Luchterhand, München 2008. 252 S., 19,95
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