SURFEN

Lebe lieber ungewöhnlich

Der Ritt auf den Wellen als Tanz mit dem Tod

Wenn du hinterher noch lebendig auf deinen Beinen stehst, durchschießt es dich wie Elektrizität. Du fühlst dich lebendig, hellwach und in deinem Körper". So beschreibt Sando das Gefühl, nachdem man eine mörderische Welle gesurft hat. Sando war für Ich-Erzähler Bruce Pike und seinen besten Freund Loonie in ihrer Jugend ein "Surf-Guru".

Bruce erzählt rückblickend die Geschichte seiner Kindheit und Jugend in Sawyer, einem westaustralischen Dorf nahe der Küstenstadt Angelus. Er und Loonie suchten seit ihrer Kindheit die Gefahr, den immer größeren Kick. Angefangen hat alles mit Tauchwettbewerben in denen es darum ging, wer von ihnen länger die Luft anhalten kann. Sie liebten das Gefühl kurz vor der Ohnmacht, wenn "es im Kopf ganz leicht wurde". Als sie dann im Teenageralter nach Angelus kommen, zieht der Surfsport sie in seinen Bann. Schnell wird aus dem Hobby eine Lebensphilosophie für die Jungs, besonders nachdem sie den geheimnisvollen Sando und seine Frau Eva kennen gelernt haben. Er lässt sie immer gefährlichere Wellen surfen und bringt die Jungs und sich selbst an ihre Grenzen.

Für das Trio bedeutet surfen Freiheit und das Leben zu spüren. Langsam wird aus der Freundschaft zwischen Loonie und Bruce eine Rivalität, die sie mehr als einmal in Lebensgefahr bringt. Bruce entfernt sich unfreiwillig immer weiter von Sando. Dadurch beginnt er eine ganz besondere Beziehung zu Sandos Frau Eva aufzubauen, die wie das Surfen zu einem Tanz mit dem Tod wird.

Autor Tim Winton besitzt die Fähigkeit dem Leser nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern ihn an ihr teilhaben zu lassen. Man glaubt das Meeresrauschen hören zu können, das Salzwasser zu riechen und zu schmecken und selbst die große Bombora "Old Smokey" zu surfen. Nachdem man Atem gelesen hat, versteht man, warum die Gefahr und das Spiel mit der Angst eine so große Bedeutung für die Protagonisten haben.

Aber das ist nicht alles, der Roman handelt von mehr als nur vom Nervenkitzel. Es geht um den Kampf gegen das Gewöhnlichsein, um Abhängigkeiten, darum wie viel Einfluss ein Mensch auf mehrere Menschenleben haben kann, um den Wunsch nach Freiheit, danach das Leben zu spüren, oder es zu verlassen.

Janne Hiller
Tim Winton: Atem. Aus dem australischen Englisch von Klaus Berr. Luchterhand, München 2008, 236 S.,16,95