STERNENGUCKER

Wassermann und kleine Fische

Das blödsinnigste Buch des letzten Jahres war - neben dem berühmten »Bibel-Code« - Gunter Sachs' »Die Akte Astrologie«

Der Alt-Playboy wollte die Astrologie "beweisen". Nun ist das ein recht müßiges Unterfangen, weil die Aussagen der Sternendeuter sich außerhalb des wissenschaftlichen Rahmens bewegen und daher auch keiner Überprüfung zugänglich sind (Stier-Frauen lieben das Risiko - widerleg' das mal!). Doch immerhin: so schlau ist sogar Gunter Sachs. Er ist sogar superschlau: Wenn überhaupt, meint er, müssen sich Aussagen der Astrologie statistisch beweisen lassen. Das ist zwar nicht einmal halbwahr, aber zumindest recht lustig.
Sachs und seine Freunde stellten zigtausende von Daten zusammen, sortiert nach Geburt (wegen Sternzeichen), bereinigt nach saisonalen Geburtsüberschüssen und durch mancherlei kreuz- und wieder zurück-Manipulation irgendwie aufbereitet. Und da kommt halt heraus, daß meinetwegen Schützen "signifikant" weniger in Lehrer-Berufen zu finden sind, als es der "statistischen Erwartung" entspricht (er treibt mit diesen beiden Begriffen wirklich den schlimmsten Schindluder). Oder das Skorpione weniger Astrologie-Bücher kaufen. Und Fische-Frauen ... ach, lassen wir das. Es beweist natürlich gar nichts und ist handwerklich der größte Unfug, aber es ist lustig zu lesen, daß etwa Wassermänner übermäßig häufig an Lungenembolien sterben oder welches Sternbildzeichen welche Selbstmordart bevorzugt oder lieber japanische Autos fährt (steht alles bei Sachs!).
Daß schon der Franzose Michel Gauquelin mit statistischen Methoden der platten Sternenastrologie zuleibe rückte (und fand, daß alles Blödsinn war), steht nicht bei Sachs, sondern bei Percy Seymour. Dessen 1992 bei "2001" erstmals erschienenes Buch Astrologie - Beweise der Wissenschaft ist natürlich auch Blödsinn, aber immerhin auf wissenschaftlichem Niveau. Ausgehend von den Arbeiten Gauquelins, der einen erstaunlichen statistischen Zusammenhang zwischen Planetenkonstellationen bei der Geburt und allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen festgestellt haben will, entwickelt der britische Astronom Seymour eine wüste Feld-, Wald- und Wiesentheorie, in der Planetenkonjunktionen, Magnetfelder, Resonanzschwingungen auf den Menschen einwirken. Wohl gemerkt: Seymour hält nichts von der Sterndeuterei, was im Sternbild Fische sich abspielt, ist in seiner Theorie ziemlich wurscht.
Aber was sich in unserem Sonnensystem ereignet, wie die Sonnenwinde gerade stehen und wie stabil das Magnetfeld der Erde gerade ist: das entscheidet später darüber, ob wir charakterlich eher Michael Schumacher oder Mutter Theresa werden. Seymour ist so ehrlich, seine Theorie als das zu verkaufen, was sie ist: ein Erklärungsversuch, wie Astrologie funktionien könnte, wenn sie sie denn funktioniert. Allerdings läßt er keinen Zweifel daran, daß er an diese identifizierbaren "Planetenkräfte" glaubt, und wo er schon einmal dabei ist, erklärt er Wünschelrutengänger und Handleser gleich mit.
Gauquelin übrigens hat später wiederufen: als er seine statistische Zählung mit neuen Daten wiederholte, konnte er keine seiner damaligen Auffälligkeiten reproduzieren. Gauquelin war so ehrlich, öffentlich seine Ratlosigkeit einzugestehen. Seymour tröstet ihn damit, daß bei den jüngsten Daten wahrscheinlich das Magnetfeld der Erde stark fluktuierte und deshalb die Daten verunreinigte - es klingt wie der Techno-Babbel auf der Enterprise, und mehr ist es auch nicht.
Wie schön man mit Statistiken lügen kann, warum eine "Signifikanz" alleine gar nichts sagt und wie man negative Ergebnisse statistisch in positive verwandelt: das steht bei Hans-Peter Beck-Bornholdt und Hans-Hermann Dubben: Der Hund, der Eier legt ist ein Buch der Manipulationen, Gemeinheiten und Irreführung - also beste Aufklärung. Das schönste Beispiel ist das (ausgedachte) einer antiken Keule (des "Genuesischen Zepters"), auf der fünf Maßzahlen stehen, die scheinbar alle möglichen Daten der Zukunft vorwegnehmen und sogar Atomgewichte auszudrücken imstande sind, wenn man sie mit 11 Exponenten durchhechelt. Damit enthält die antike Keule sogar Angaben über den Beginn des II. Weltkriegs (mit einer Abweichung von 0,002% !). Allerdings ist es einfach so, daß sich mit fünf Zahlen und 11 Exponenten insgesamt 161051 Zahlen berechnen lassen. Worunter dann zwangsläufig das eine oder andere historische Datum fällt.
Womit wir wieder bei Sachs und seinen Methoden währen. Man nehme eine große Zahl von Ereignissen und teile sie durch 12 Charakteristika. Abweichungen vom Durschnittswert (der "statistischen Erwartung") sind dabei vollkommen normal. Daraus zu schließen, die 12 Charakteristika seien ausschlaggebend für die Verteilung, ist der pure Nonsens.
Erich Sauer
Gunter Sachs: Die Akte Astrologie Wissenschaflticher Nachweis eines Zusammenhanges zwischen den Sternzeichen und dem menschlichen Verhalten. Goldmann, München 1997, 336 S., 29,90 DM
Percy Seymour: Astrologie Beweise der Wissenschaft. Deutsch von Dagmar Kreye. 18 Abb., 320 S., 20,- DM. Nur bei 2001, Frankfurt
Hans-Peter Beck-Bornholdt/Hans-Hermann Dubben: Der Hund, der Eier legt Erkennen von Fehlinformationen durch Querdenken. Rororo Nr. 60359, Rowohlt 1997, 256 S., 16,90 DM