MILITÄRGESCHICHTE

Germanische Terroristen

Ein US-Archäologe erklärt »Die Schlacht im Teutoburger Wald«

Das hat man ja auch nicht häufig, dass ein Amerikaner die Wahrheit über einen deutschen Guerilla-Kämpfer ausgräbt. Peter S. Wells, Archäologie-Professor in Minnesota, kümmert sich abschließend um Hermann den Cherusker und die Zerschlagung der römischen Elite-Truppen bei Osnabrück im Jahre 9. Und er beschreibt das tagelange Gemetzel als historischen Wendepunkt für die Geschichte Europas.
Arminius, ein Ostwestfale in der Fremdenlegion des Kaisers Augustus, führte damals seinen Kommandeur Varus listig in einen sumpfigen Hinterhalt, schlachtete 18000 Soldaten (womöglich samt Frauen und Kindern) ab und beendete die Osterweiterung des römischen Reiches auf germanischem Boden. In der Folge wurde der Rhein zur Grenze, die Militärlager wuchsen zu Städten und Köln wurde eine Metropole. Hätte Arminius verloren, wäre der Rhein wohl bis zur Weser vorgeschoben worden und Köln läge in der Gegend von Braunschweig.
Sorgfältig geht Wells alle Quellen durch, schriftliche und zum Teil erst kürzlich ausgegrabene sachliche.
Wo die Römer eher interessegeleitete Propaganda verfassten, um dem Reich Peinlichkeiten zu ersparen (Varus war ein Trottel, Arminius ein Verräter, das Wetter war ungünstig und der Platz unbespielbar), da korrigiert Wells mit Funden das Bild: die Germanen waren längst keine Barbaren mehr, sie organisierten sich nur anders als es das Imperium für möglich hielt; dezentral, projektorientiert, beinahe terroristisch, von heute aus gesehen.
Wells vermeidet es allerdings, Analogien zur Gegenwart aufkommen zu lassen. Das macht sein Buch ein bisschen dröge. Aber dafür eben richtiger als die Propaganda im römischen oder später im deutschen Kaiserreich, wo Arminius zum Nationalheld hochgelogen wurde und am falschen Platz sein Hermanns-Denkmal kriegte.
Ein paar Jahre nach der Schlacht brachten ihn missgünstige Verwandte um. Der Hermanns-Graben jedoch zwischen den besetzten aber florierenden Rheinlanden und dem freien aber zersplitterten Westfalen blieb.
WING
Peter S. Wells: Die Schlacht im Teutoburger Wald Aus dem Amerikanischen von Lutz Walther. Patmos / Artemis & Winkler, Düsseldorf 2005, 260 S., 19,90 ISBN: 3760823084