MUSIK

Heul doch!

Das Ende eines Blues-Gitaristen

Clay hat den Blues. Clay ist Gitarrist und Frontman bei einer New Yorker Blues-Combo und gerade dabei bekannt zu werden. Mit jedem Auftritt der Band wird die Menge der Fans grösser. Nur eine Frage der Zeit bis Clay ganz oben sein wird. Nächste Haltestelle: Madison Square Garden.
Ein schneller Blow Job in einer schäbigen Seitenstrasse macht alles zunichte. Die Frau, die Clay den Schwanz lutscht, hat einen Freund. Der war mal bei den Ledernacken und ist extrem mordlustig. Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Das Messer, das eigentlich Clay treffen soll, tötet seinen besten Freund, den Bassisten der Band. Clay hat die Hosen voll und flieht aus New York. Und lässt sein altes Leben hinter sich.
Das war vor einem Jahr. Seit jenem Tag hat Clay seine Gitarre nicht mehr angerührt. Die Musik ist aus seinem Leben verbannt. Der Blues ist natürlich immer noch da. Aber Angst hat Clay nur noch dann, wenn der Barkeeper seiner neuen Stammkneipe die letzte Runde ankündigt. Clay lebt am Ende der Welt. In irgendeinem Kaff in Arizona.
Da weint also so ein junger Kerl in sein Miller's und hadert mit dem Schicksal. Lässt zwischen den Bieren sein Leben Revue passieren und kommt zu dem Schluss, dass er ein Arschloch ist. Na, wenn das kein Blues ist.
Schön und gut, aber denselben hört man sich eben immer noch besser an, anstatt ihn zu lesen. Auch wenn sich Mark Cirinos Roman Arizona Blues weit weniger weinerlich liest als zunächst befürchtet, will ein echtes Feeling für seinen Helden nicht so recht aufkommen. Dafür wirkt Cirinos Erzählstil dann doch sehr altbacken und manche Sätze lesen sich, als wären sie aus einem Haufen schlechter Plattenkritiken und Konzertreviews zusammengeklaubt. Da gibt es Oberkörper, die auf den "ekstatischen Wogen der Köpfe und Handflächen" treiben und Bauchmuskeln sehen aus "wie der Umriss der Vereinigten Staaten".
Gerade mal Anfang zwanzig und schon so senil wie B.B. King, ist das der Blues? So oder ähnlich, wenn es nach Mark Cirino geht. Und auch wenn der Kerl teilweise verdammt gute und witzige Dialoge schreiben kann, bleibt seine erzählerische Kraft auf dem Weg von New York nach Arizona schon in Kansas auf der Strecke. Den Blues zu haben heisst ja nicht, dass man eine Geschichte lahmarschig erzählen muss.
Mirko Puzic
Mark Cirino: Arizona Blues Aus dem Amerikanischen von Regina Winter und Michael Hein, Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins Frankfurt 2001, 326 S., 33,- DM