SCHMÖKER

Das Zirpen der Neutronen

Alastair Reynolds erzählt wieder Weltraum-Märchen

Als wir vor drei Jahren den ersten Roman des holländischen Walisers Alastair Reynolds in Händen hatten, war uns klar: wow, was für ein Eklektiker! Und: was für ein großartiger Erzähler.
Auch im dritten Band seiner Geschichte des Universums plündert Reynolds wirklich alles, was in den letzten 50 Jahren in der Science Fiction stattgefunden hat. Weltraumoper, Cyberpunks, Maschinenkriege und Star Trek-Philosophie werden bei ihm hemmungslos aufgemischt. Erstaunlich ist, dass dabei dicke und spannende Bücher entstehen. Die Arche greift Figuren und Fäden der ersten beiden Bände auf (ohne dass man sie gelesen haben muß) und führt direkt in eine kosmische Katastrophe. Die Synthetiker, nanotechnisch aufgemotzte Menschen, haben eine Botschaft aus der Zukunft erhalten, und die lautet: lauft bloß weg!
Weil sich sowas im Universum rumspricht, beginnt eine wilde Jagd nach längst vergessenen Superwaffen, die im Raumschiff "Sehnsucht nach Unendlichkeit" (bekannt aus dem 1. Band) versteckt sind, deren Captain dank der "Schmelzseuche" langsam mit dem Schiff verschmilzt und darüber recht depressiv wird. Gleichzeitig desertiert ein Syntetiker, um mindestens die ganze Menschheit zu retten ... wie gesagt, es ist alles drin. Und alles spannend. Der große Bogen aus den ersten Bänden ist nicht mehr da, die Handlung zerfällt jetzt in viele kleine Episoden, aber davon ist jede wie aus dem Lehrbuch aufgebaut und durchgeführt, und wenn Reynolds den Untergang ganzer Systeme beschreibt, von denen nur noch "das Zirpen der Neutronen" zu hören ist ... dann sind wir sowieso ganz hin und weg. Wer mal ein ganzes Wochenende lang lesen möchte: hier.
Alex Coutts
Alastair Reynolds: Die Arche. Aus dem Englischen von Irene Holicki. Heyne, München 2004, 894 S., 14,- ISBN: 3453875516