FAMILIENWERTE

Happy Meal

Ein böser Roman über spießbürgerliche Verdrängungslust

Es gibt Bücher, die kriechen wie eine Zecke ins Gemüt des Lesers, um sich dort festzusaugen. So ergeht es einem mit dem Roman angerichtet von Herman Koch. Die Geschichte beginnt unspektakulär. Man konzentriert sich auf die Rivalität des Erzählers Paul Lohman zu seinem Bruder Serge. Der möchte groß in die niederländische Politik einsteigen, Paul hält davon nichts.

Aber etwas stimmt nicht mit dieser Erzählung. Langsam wird klar, dass die Probleme der Brüder nur eine Oberfläche spiegeln, unter der die wahre Sensation verborgen liegt: Es sind die Söhne der Lohmans, die das eigentliche Drama ausgelöst haben. Ein Verbrechen wurde begangen.

Jetzt treffen sich die Eltern in einem extravaganten Restaurant, um über die Zukunft ihrer Sprösslinge zu entscheiden. Soll man zur Polizei gehen oder die Sache unter den Teppich kehren? Wie wirkt sich die Tat der Teenager auf die politische Karriere von Serge aus? Zwischen Vorspeise und Hauptgericht windet sich die Handlung von einer entsetzlichen Enthüllung zur nächsten, bis man endgültig vom Grausen gepackt ist.

Fesselnd und konkret erzählt Herman Koch die Geschichte eines Vaters, der bereit ist, wirklich alles für das Glück seiner Familie zu tun. Die Gedankengänge Paul Lohmans hinterlassen dabei einen seltsamen Nachgeschmack, bei dem es sich eindeutig um Blut handelt. Trotz kleiner Macken im Erzählfluss kann man den Roman erst aus der Hand legen, wenn auch der letzte Akt vorüber ist.

Sybille Lengauer
Herman Koch: angerichtet. Aus dem Niederländischen von Heike Bargya. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010, 309 S., 19,95