Jugend Ferien im Keller Eine feine Novelle über einen 14jährigen, der nicht recht erwachsen werden will Weil seine Mama immer an ihm herumnörgelt, er habe nicht genug Freunde, erzählt der 14jährige Lorenzo zu Hause, er sei auf einen Ski-Urlaub eingeladen worden. Weil das nicht stimmt, steht Lorenzo jetzt vor dem Problem, ein paar Tage verschwinden zu müssen, um so vorzugaukeln, er sei fröhlich mit Freunden auf der Piste - während er sich in Wahrheit in einem Keller versteckt. Den hat er gut präpariert, mit Konserven, Stephen King-Roman und einer Playstation. Lorenzo ist eben wirklich lieber allein. Der Italiener Niccolò Ammaniti hat sich diesen Jungen ausgedacht, der den Leser direkt anspricht und von den Schwierigkeiten erzählt, in einer Welt zu überleben, mit der er eigentlich gar nichts zu tun haben will. Dass er sozial ein bisschen neben der Spur ist, lernen wir dabei recht schnell. Aber Lorenzo ist anpassungsfähig, er lernt Gesten und Sprüche der wirklich coolen Jungs in der Schule, gerade so viel, dass man ihn in Ruhe lässt. So hält er auch Mama auf Abstand, die große Beschützerin. Die zu beruhigen, dass alles in Ordnung sei, ist Lorenzos größtes Problem. Bis nach ein paar Tagen seine ältere Halbschwester Olivia an Lorenzos Kellertür klopft. Die ist drogensüchtig und eigentlich auf der Suche nach Geld für den nächsten Schuss. Und Lorenzo wird ihr auf eine Art nahekommen, die er sich nie zugetraut hätte. Und die nichts mit Sex zu tun hat. Du und ich ist eine unaufgeregte Novelle, ohne Anspruch, ohne große Effekte und Handlungswendungen. Ammaniti macht die kleine Begebenheit, ein paar Tage im Keller des elterlichen Hauses, nicht größer, als sie ist. Dass sie traurig schließt und der jugendlich vorwitzige Tonfall des Anfangs ein erwachsenes Ende findet, stellt dabei eine perfekte, ungezwungene Verbindung von Inhalt und Form her. Victor Lachner
Niccolò Ammaniti: Du und ich. Aus dem Italienischen von Ulrich Hartmann. Piper, München 2012, 150 S., 14,99
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