AMERIKA II

Fantasy Politics

Die »Military Fiction« gründet die USA gleich mehrmals neu

Seit Jahren schon nehmen "militärische Abenteuer" wieder einen immer breiteren Raum ein in der Science Fiction. Ja sie bilden längst ein eigenes Sub-Genre mit eigenen Verlagen und eigenen Fans. Was Autoren wie John Ringo, David Weber oder William R. Forstchen in dicken Büchern und endlosen Serien an Weltraum-Landserei abfeiern ist nicht einfach ein tumber Rückmarsch in die laserschwingende Frühzeit der Fünfziger. Vielmehr scheinen alle ein neues und besseres Amerika im All und überall aufbauen zu wollen, mit Waffengewalt zwar, aber beileibe nicht so ganz auf Regierungskurs. Trotzdem sind Weber und seine Kollegen die meistgelesenen Autoren in us-amerikanischen Militär-Bibliotheken. Schon deshalb sollte man sie kennen.
In David Webers Einzelroman Die Excalibur Alternative etwa klauen diverse fortgeschrittene Galaktiker kleine Kampfverbände aus verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte, um sie als Soldaten-Sklaven und Kanonenfutter zu verwenden. Ein Trupp englischer Langbogenschützen des 14. Jahrhunderts aber zettelt einen Aufstand an - und am Ende bringt es ihr kommandierender Fürst zum Kaiser des halben Universums. Wenig symbolische Politik, viel Feldherrenkunde.
William R. Forstchen schreibt einen ganzen Zyklus um Das verlorene Regiment. Das wird aus dem amerikanischen Bürgerkrieg den Nordstaaten von Aliens geklaut, um siehe oben. In bisher zwei Bänden (Der letzte Befehl, Jenseits der Zeit) führen die Raufbolde die Demokratie bei ihren Unterdrückern ein und spielen sogar die Kriege zwischen den Alien-Reichen Roum und Cartha nach, die überdeutlich Rom und Karthago darstellen. Rom gewinnt, Mithilfe Amerikas.
John Ringo schreibt die dicksten Wälzer. Mit Die Nanokriege: Der Zusammenbruch beginnt ein neuer Zyklus. In ferner Zukunft ist die Erde ein perfekt stabilisiertes System voller Gen-Manipulation und Nanotechnik. Jeder sieht aus wie er will, hat den Sex, den er will, und holt sich seine Abenteuer bei virtuellen Rollenspielen oder in realen Museums-Dörfern. Dann will eine faschistische Fraktion den Luxus abschaffen, damit die Geburtenrate wieder steigt. Alles bricht zusammen, die Energieversorgung fällt aus, und unter den Überlebenden zerfällt die Zivilisation. Ein brummiger Hobby-Mittelaltler aber schafft eine Zuflucht der Guten, führt die Pflicht zum Waffentragen ein, erfindet ein Wirtschaftsystem samt Arbeitnehmervertretung, trainiert Bogenschiessen und Gewaltmärsche und macht Waschlappen zu harten Männern. Und Frauen. Oder Elfen. Oder Drachen. Den Guten ist die Genetik egal, jeder kann hier Amerikaner werden, egal wieviel Arme er hat oder wie die Ohren geformt sind. Du musst nur jeden stoppen wollen, der sie dir abschneiden will. Und wenn der Feind deine Freundin vergewaltigt hat, sollst du das Kind daraus annehmen, aber seinen Vater erschlagen.
Das alles ist deutlich ein Bastard aus Robert Heinlein und Tom Clancy, aber es ist nicht stupide Kriegstreiberei. Sondern eher ein Ausfluss der Sehnsucht nach übersichtlicheren Verhältnissen. Insofern ist es doch ein Rückfall. Aber, verdammt, ein spannender. Und voller zähneknirschender Lektionen des Lebens für Liberale.
WING
David Weber: Die Excalibur-Alternative. Deutsch von Irmhild Seeland. Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 2005, 414 S., 7,90 ISBN: 340423281X
William R. Forstchen: Der letzte Befehl. Deutsch von Thomas Schichtel. Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 2005, 637 S., 8,90 ISBN: 3404232798
William R. Forstchen: Jenseits der Zeit. Deutsch von Thomas Schichtel. Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 2005, 684 S., 8,95 ISBN: 3404232860
John Ringo: Die Nanokriege: Der Zusammenbruch. Deutsch von Heinz Zwack. Heyne, München 2005, 767 S., 9,95 ISBN: 345352098X