KULT

Generation Ally

Katja Kullmann weiß, was Frauen wollen

Ally McBeals Beziehungen führen immer in die Katastrophe. Dafür ist sie erfolgreich im Job und steht ihre Frau in der Anwaltskanzlei Cage & Fish, wo sie teure Kostümchen am Leibe tragen kann und wo alle sie irgendwie mögen. Ally wird von Calista Flockhart gespielt und ist die Heldin einer amerikanischen Fernsehserie, die jeden Dienstagabend einen Haufen Mädels um die 30 dazu bringt, Vox einzuschalten. Dort warten dann Gefühlschaos, Lebens- und Liebeskrise, locken Herzschmerz und Romantik.
Katja Kullmann will herausgefunden haben: Ally-Fans wurden zwischen 1965 und 1975 geboren, sind weiblich und karrierebewusst, müssen Kinder wollen und nicht wissen, wie sie die in ihre Lebensplanung einbauen sollen, sie müssen gut ausgebildet sein und markenorientiert aufgewachsen, in der sogenannten Lifestyle-Ära.
Wir, die "Allys", wurden schon einmal Teil einer Generation. Das war, als Florian Illies sich den Begriff Generation Golf ausgedacht hatte. Kullmann hat Illies Konzept geklaut und abgewandelt, bis in die Form hinein ähneln die Bücher einander. Beide Autoren erzählen von ihrer eigenen, durchschnittlich-langweiligen Kindheit und Jugend in den 80ern. Beide überstrapazieren das Wir-Gefühl so sehr, dass man sich innigst wünscht, nicht Teil dieser sterbenslangweiligen Generation zu sein.
Was Illies in weinerlichem Tonfall als Problem der Generation postulierte, erweitert Kullmann nun, nicht minder wehleidig, noch um den Frauen-Aspekt: Abgesehen davon, dass wir als Frauen nicht wissen, ob wir Weibchen oder Managerin sein sollen, sind wir auch noch unpolitisch. Interessieren uns nur für uns selbst, höchstens noch für Fernsehen, Klamotten, Labels. Die richtigen Turnschuhe sind uns wichtiger als die Lage der Nation. Und wir haben keine Biografie, die es wert ist, beschrieben zu werden.
So ist das, was Kullmann anführt, trotz des heiter-launigen Frauenmagazin-Stils, nicht wirklich erhellend, es ist weder lustig noch lauert das Aha-Erlebnis. Auch wenn von postmenstrueller Depression bis zum Silikonbusen alles abgehandelt wird, was frau interessieren könnte, strotzt das Buch allem voran vor gnadenloser Selbstbespiegelung. Wen interessiert's, ob Frau Kullmann je einen One-Night-Stand hatte?
Julika Pohle
Katja Kullmann: Generation Ally. Warum es heute so kompliziert ist, eine Frau zu sein Eichborn, Frankfurt 2002, 217 Seiten, 14,90 EU