FAMILIENBANDE

Clansmen

Alistair MacLeod erzählt von Schotten fern der Heimat

Holzfäller, Minenarbeiter und Fischer: Alistair MacLeod ist all das gewesen. Und es sind Tätigkeiten, denen die Mitglieder der Familie MacDonald nachgehen, von denen der Kanada-Roman Land der Bäume erzählt. Wie die MacDonalds wuchs auch MacLeod inmitten einer vielköpfigen Familie auf Cape Breton auf, ein Landstrich an der Atlantikküste. Die Liebe zum Land der Bäume beginnt vor 200 Jahren, als sich ein schwarz- und rothaariger schottischer Clan flüchtend vor Hunger und Arbeitslosigkeit aufmacht, um irgendwo jenseits des großen Ozeans ein neue Zuhause zu finden: Neuschottland.
Zahlreiche Geschichten ranken sich um diese Überfahrt, bei der Clan-Vater Calum Ruadhs Frau Catherine aus dem Leben scheidet, ein Kind geboren wird und ein Hund der Familien tapfere Treue beweist. Noch immer leben diese Bilder vom Aufbruch ins Unbekannte in der Familientradition weiter, noch immer verstehen sich die Kinder als direkte Nachkommen des Calum Ruadh, noch immer neigt die Familie zu roter und schwarzer Haarpracht, noch immer hält sie sich ungewöhnlich treue Hunde, noch immer spricht sie das vertraute Gälisch.
Selbstverständlich stehen die Mitglieder des Clans gegen alle Widrigkeiten füreinander ein, nie verlieren sie ihren inneren Zusammenhalt: wenn sie am Schluss ganz verschiedene (auch unglückliche) Wege gehen, sogar die Heimat verlassen, bleiben sie doch immer stolze und solidarische Sprösslinge des "clann Calum Ruadh".
Aus MacLeods Erzählweise spricht eine poetische Zuversicht, die zunächst im Kontrast zu der eher rauhen Landschaft und den Schicksalsschlägen zu stehen scheint. Je tiefer der Leser jedoch in die Geheimnisse der Familie eindringt, je besser er jeden einzelnen Alexander, jede Catherine (denn so heißen die meisten im Clan) kennenlernt, desto besser begreift er, dass sich Freundlichkeit und Schroffheit nicht widersprechen müssen. Sie sind Teil des Cape Breton, Teil auch des Bewusstseins MacLeods, dessen Roman ein schöner und hochwertiger Beitrag zur kanadischen Literatur ist.
Julika Pohle
Alistair MacLeod: Land der Bäume. Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001. 286 S., 39,90 DM