AFRIKA Schwarze Spiegel Abdourahman N. Waberi verdreht die Welt, um seinen Kontinent zu entdecken Die Geschichte über die Weltmacht Afrika und daran anbrandendene Flüchtlingswellen aus einem verlausten Europa ist keine Utopie einer gerechteren Welt. Auch keine einfache Kolonialismuskritik durch Umkehrung der Verhältnisse, sondern eine Art Maskenball, ein komplizierter Karneval voller afrikanischer Traditionen und Legenden und europäischer literarischer Kniffe. Waberis fiktives Afrika beherrscht die Welt, weil die großen Kulturen des Kontinents nicht untergingen, wie in der Wirklichkeit, und weil Europa seine Neuzeit hier nicht durch die Ausbeutung Afrikas finanzieren konnte. Dafür lungert der Rest der Welt an den Grenzen des Paradieses und beschwert das Herz der schwarzen Intelligenzia. Die Malerin Maya reist herum, um ihre schöne schwarze Welt etwas menschenfreundlicher zu machen und ihre eigenen Wurzeln (sie ist ein blondes Adoptivkind) zu finden. Dabei fährt Waberi unterwegs ein ganzes Pantheon großer afrikanischer Kulturträger als Begleitung auf, in den Namen von Straßen und Plätzen wimmelt es von Negritude, und jeder zivilisierte Mensch kann den Staatschef und Dichter Senghor zitieren. Außerdem ist Waberis Sprache durchweg afrikanisch, hymnisch und sagenhaft, "die Tochter des Horizonts beugt sich in den Staub der Städte" ... so etwa. Allerdings, darauf weist die Übersetzerin in einem langen Nachwort hin, stecken in der Romantik auch viele schalkhaft verdrehte nicht-afrikanische, oft französische Redewendung. "Haile Wade" als Heimat der us-afrikanischen Filmindustrie ist eher albern erfunden, an anderen Stellen schimmert unsere hohe Literatur durch; Waberi ist Literaturprofessor in Boston. Und am Ende gibt es ein dickes Glossar, das die vielen unter uns Barbaren völlig unbekannten afrikanischen Namen und Orte entschlüsselt. Für den flüchtigen Leser ist das alles aber vielleicht zu sehr Literatur und zu wenig Entwicklungshilfe. Ein schwarzer Papalagi wäre wohl einfacher zu verstehen als eine weiße Afrikanerin, die am Ende ihrer fernen Mutter im Norden nur ein paar Spenden zukommen lässt, um dann wieder zu Hause "im Regen des Lichts" zu tanzen. WING
Abdourahman N. Waberi: In den Vereinigten Staaten von Afrika Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Katja Meintel. Edition Nautilus, Hamburg 2008, 160 S, 16,-
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