WÜSTENKRIEGER

Am Ende der Welt

Marc Thörner reportiert aus Afghanistan

Obwohl in einem klassisch linken Verlag erschienen, besteht Thörners Afghanistan Code nicht aus den üblichen Platitüden über wahlweise die Sinnlosigkeit aller Kriege oder den imperialistischen Impetus aller Militäroperationen. Thörner war 2008 und 2009 in Afghanistan und beschreibt eine Entwicklung, die im Luftschlag von Kundus endete, den er auch miterlebte.

Getrennt in UNO-Mission ISAF und "Enduring Freedom", der US-Krawallabteilung, sind die in Afghanistan stationierten Truppen wahlweise Aufbauhelfer oder Kommandounternehmen. Wobei die Aufbauhelfer oft nicht wissen, was die Special Forces gerade so anstellen, auch für die betroffene Bevölkerung ist das recht undurchsichtig.

Die Paschtunen, aus deren Reihen sich die Taliban rekrutieren, haben laut Thörner den Eindruck, dass einheimische Warlords Mithilfe der westlichen Militärs einen Krieg gegen ihre Ethnie führen. Und Gouverneur Atta, der später den deutschen Luftschlag von Kundus so loben sollte, gewährte Thörner eine Audienz und trägt zur Verwirrung der Lage bei: Wer operiert eigentlich alles in einem Gebiet, das nominell zum deutschen Kommando gehört?

Auch bei den Franzosen hat Thörner sich umgesehen und dort viel Sehnsucht nach dem Algerien-Krieg gefunden. Der sei ja militärisch keinesfalls verloren gewesen, und aus damaligen Strategien, wie man eine Bevölkerung für sich einnimmt, lasse sich immer noch was lernen.

Thörner ist ehrlich genug, die Lage einfach als verworren zu schildern. Militärs ist sowieso nicht zu trauen, nirgendwo auf der Welt. Aber warum unterstützen die UNO-mandatierten Truppen den Drogenhandel? Wieso hält "der Westen" auf Gedeih und Verderb an Präsident Karzai fest, dessen inzwischen zurückgetretener Gegenkandidat bei Thörner als ebenso zwielichtig erscheint? Thörners Buch enthält keine Antworten, nur eine Menge interessante Fragen.

Erich Sauer
Marc Thörner: Afghanistan Code. Nautilus Flugschrift, Verlag Lutz Schulenburg, Hamburg 2010, 156 S., 16,00